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Thema: Verhalten bei kurzer Torschussentfernung

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  1. #1
    Blickfeld Avatar von La_Chat
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    Zitat Zitat von goali94 Beitrag anzeigen
    Mich verwundert aber, welche Art von Torschusstraining ihr macht. Training sollte immer eine Spielsituation simulieren. Und wann gibt es bitteschön im Spiel die Situation, dass der Ball ruht und der Schütze ewig lang Zeit hat, zu überlegen, wie er den Ball treffen will. Da würde ich mal mit meinem Trainer reden...
    Nun, das ist immer der Idealfall. Natürlich sollten die Trainingsübungen hauptsächlich Simulationen von Spielsituationen sein. Aber dennoch gibt es auch Übungen und Trainingsformen, die das nicht gewährleisten können. Hinzu kommen verschiedene Philosophien und Ausbildungsstände der Trainer.

    Es ist halt eine Form des klassischen Torschußtrainings: Der komplette Kader legt sich je einen Ball auf die 16er Linie und dann wird der Reihe nach draufgebolzt. Die Steigerung: Für jeden verschossenen Ball machen alle Spieler einen Sprint bis zur Torauslinie und bei jedem Treffer ist der Torwart in die andere Richtung dran. Klingt stupide und dumm. Aber es fördert auch Schußkraft und Schußgenauigkeit bei ruhenden Bällen.
    Eine andere Form klassisches Torschußtraining: Der Angreifer dribbelt mit dem Ball von der Mittellinie ein paar Meter in Richtung Tor, spielt dann einen am 16er stehen Zuspieler an - welcher ihm den Ball Mustergültig auflegt - und drischt drauf. Klingt auch nicht logischer? Hat sich aber auch bewährt. Es tainiert die Fähigkeit einen sich bewegenden Ball technisch sauber und zielsicher zu Verarbeiten.
    Nun, was fällt uns auf? Richtig! Für Torhüter sind diese Übungen Müll... Denn so frei wie in diesen Übungen kommen Feldspieler im Spiel nur selten zum Zug. Aber das ist ja auch nicht der Sinn solcher Übungen! Torschußtraining ist grundsätzlich eine Übung für die Feldspieler! Für uns Torleute ist sie eher lästig bis kontraproduktiv. Vor allem mit steigender Leistungsklasse. Denn sind wir doch mal ehrlich. Ein guter Angreifer haut und zentral von der 16er Linie min. 9 von 10 Bällen in's Dreieck und alles was uns bleibt ist Frust.

    Für uns bessere Formen (wenn schon sog. Torschußtraining) sind 1gg1 Situation Angreifer gegen Verteidiger, 2gg2 Situationen sowie Über- und Unterzahlsituationen. Diese Übungen kann man schön auf 2 Tore ausführen und somit auch zwei Torspieler einbeziehen. Gerade im Seniorenbereich sollten diese Übungen in Spielnaher Umgebung überwiegen.

    Dennoch muß beim Training auf die Bedürfnisse beider (Feldspieler und Torspieler) eingegangen werden. Da gehört nun mal auch dummes Gepöle zu, welches ohne Torspieler auch keinen Sinn macht. Das Problem in den meisten Vereinen ist nur: Die Trainer sind entweder gar nicht qualifiziert, oder kennen nur die Feldspielersicht. So wird dann das 16m-bumm-klatsch-Gepöle gerne als Torwarttrainingersatz gesehen und mit den Worten "Wat willse denn? Bekommst doch jede Woche genug drauf. Da musse auch besser werden!" garniert. Wenn ihr sowas hört, dann wird es mal Zeit mit dem Trainer zu reden...
    Früher war er der Panther im Verein, neulich meinte jemand: "Guck mal! Ein fliegendes Schwein!"

  2. #2
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    Zitat Zitat von La_Chat Beitrag anzeigen
    Nun, das ist immer der Idealfall. Natürlich sollten die Trainingsübungen hauptsächlich Simulationen von Spielsituationen sein. Aber dennoch gibt es auch Übungen und Trainingsformen, die das nicht gewährleisten können. Hinzu kommen verschiedene Philosophien und Ausbildungsstände der Trainer.

    Es ist halt eine Form des klassischen Torschußtrainings: Der komplette Kader legt sich je einen Ball auf die 16er Linie und dann wird der Reihe nach draufgebolzt. Die Steigerung: Für jeden verschossenen Ball machen alle Spieler einen Sprint bis zur Torauslinie und bei jedem Treffer ist der Torwart in die andere Richtung dran. Klingt stupide und dumm. Aber es fördert auch Schußkraft und Schußgenauigkeit bei ruhenden Bällen.
    Eine andere Form klassisches Torschußtraining: Der Angreifer dribbelt mit dem Ball von der Mittellinie ein paar Meter in Richtung Tor, spielt dann einen am 16er stehen Zuspieler an - welcher ihm den Ball Mustergültig auflegt - und drischt drauf. Klingt auch nicht logischer? Hat sich aber auch bewährt. Es tainiert die Fähigkeit einen sich bewegenden Ball technisch sauber und zielsicher zu Verarbeiten.
    Nun, was fällt uns auf? Richtig! Für Torhüter sind diese Übungen Müll... Denn so frei wie in diesen Übungen kommen Feldspieler im Spiel nur selten zum Zug. Aber das ist ja auch nicht der Sinn solcher Übungen! Torschußtraining ist grundsätzlich eine Übung für die Feldspieler! Für uns Torleute ist sie eher lästig bis kontraproduktiv. Vor allem mit steigender Leistungsklasse. Denn sind wir doch mal ehrlich. Ein guter Angreifer haut und zentral von der 16er Linie min. 9 von 10 Bällen in's Dreieck und alles was uns bleibt ist Frust.
    Genau diesen Fall meinte ich, top! Wenigstens einer scheint mein Anliegen zu verstehen und den nicht unerheblichen Frustfaktor dieser speziellen Torschussübung.

    Zitat Zitat von Schnapper82 Beitrag anzeigen
    Heisst das, dass du dich dann zu meist für eine Ecke entscheidest und dich dann auf dein Glück verlässt?
    Ich verstehe nicht so ganz, was du meinst. Also bei einigen Situationen kann man ja schon sehen, wo der Schütze den Ball hinhämmert. Wenn man diese Situation dann "liest" und sich somit darauf einstellt, dann ist das für mich kein spekulieren, sondern vielmehr Erfahrung oder auch Spielanalyse...
    Nein, mit antizipieren meine ich folgende Begrifflichkeit (Erklärung, schändlicherweise, übernommen von wikipedia):

    "Antizipation (lat. anticipatio: Vorwegnahme) bezeichnet in der Sportwissenschaft die mentale Vorwegnahme eines künftigen Bewegungsablaufes."

    Demzufolge meine ich nicht das bloße Spekulieren nach dem Motto: "Ah, ich entscheide mich mal für die linke Ecke", sondern viel mehr das Lesen der Bewegung des Gegenspielers, Fußstellung, vorige Schüsse und ein nicht unerheblicher Teil bildet hier auch das intuitive Bauchgefühl des Torwarts, welches nicht viel mit spekulieren zu tun hat.
    Erfahrung und Routine spielen hier auch eine sehr große Rolle.

    Zitat Zitat von strigletti Beitrag anzeigen
    Das verstehe ich jetzt nicht ganz: Spekulieren und Antizipieren sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Ich garantiere dir, dass du ohne die Fähigkeit der Anitizipation nicht einmal in der Lage wärst einen Ball zu halten, der von der Mittellinie aus geschossen wird. Wie also meinst du das?
    Dies war außerdem im Gesamten ein toller Beitrag von dir, chapeau dafür.
    Aber um auf die Aussage zurückzukommen:
    Du hast Recht, ich habe hier irreführender Weise zwei völlig unterschiedliche Begriffe verwendet und ich meinte hier tatsächlich nicht das reine Spekulieren, sondern das Antizipieren.
    Wie oben schon beschrieben, kommt bei dem Antizipieren eine nicht unerhebliche Komponente des Könnens hinzu, welche bei dem reinen Spekulieren nicht gegeben zu sein scheint.
    Bei einem Elfmeter spekuliere ich (leider) tatsächlich nur zu 100%, wobei das ein völlig anderes Thema ist. Da mache ich mir keine Gedanken, bzw. reagiere nicht auf vorangegangene Aktionen des Schützen, sondern ich entscheide mich willkürlich für eine Ecke: Spekulation.

    Beim Antizipieren spielt sich gedanklich jedoch eine Menge mehr ab.

    Beispiel:

    Ein gegnerischer Spieler bricht rechts von mir diagonal in den Sechzehner hinein und ich stürme ihm entgegen. Er macht sich nun zum Schuss bereit, zwischen ihm und mir liegen fünf Meter Entfernung und ich realisiere, dass sein Schussbein das Rechte sein wird. Der Winkel ist spitz, ein Schuss in das kurze Eck erscheint unrealistisch bzw. muss von dem Schützen ausgehend nicht als sonderlich erfolgsversprechend erachtet werden.
    Seine Aktion erscheint klar: Er wird versuchen, mit dem rechten Innenrist den Ball an mir vorbei in das lange Eck zu schlenzen. Um diesen Ball zu halten, erachte ich es hier als notwendig, das Gewicht Sekunden vorher auf das linke Bein zu verlagern, um somit schon sprungbereit ins lange Eck zu sein. Hier könnte man, meiner Meinung nach, definitiv nicht mehr aus einer Reaktion heraus den Ball halten, also ist Antizipiationsvermögen gefragt.

    Abermals: Dein Beitrag, strigletti, war hervorragend und macht Lust auf mehr.

    Grüße

  3. #3
    torwart.de-Team Avatar von Schnapper82
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    Danke Einike. Also die Begrifflichkeit Antizipation war mir schon geläufig.
    Ich bin nur etwas ins straucheln gekommen, da wir erst über spekulieren gesprochen haben und dann über Antizipation.

    Antizipation kann man auch gleichsezten damit, dass man eine Situation liest...
    Also sind wir uns hier einig, dass dieses "lesen" überlebensnotwendig ist, wenn wir im Tor spielen, um auch ausweglose Situationen zu retten.

    Im Gegensatz dazu das Spekulieren, was uns eher in eine ausweglose Situation bringt!
    In stillem Gedenken an Spideratze und Robert Enke.
    Lasst uns rausgehen und Bälle fangen, Spiele gewinnen und was noch viel wichtiger ist:
    Lasst uns jede Sekunde des Lebens leben und geniessen - nichts ist für immer ! ! !

  4. #4
    Blickfeld Avatar von La_Chat
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    Zitat Zitat von Einike Beitrag anzeigen
    Genau diesen Fall meinte ich, top! Wenigstens einer scheint mein Anliegen zu verstehen und den nicht unerheblichen Frustfaktor dieser speziellen Torschussübung.
    Ich habe zumindest verstanden, welche Übung du meinst. Auch weiß ich selbst, daß bei einer solchen Übung eine Menge Frust aufkommen kann. Vor allem wenn man gute Stürmer hat! Dennoch stimme ich auch Steffen zu, das man als Torspieler aus diesen Übungen in der Regel auch noch etwas mitnehmen kann. Denn nicht jeder deiner Mitspieler zirkelt dir die Bälle reihenweise in den Giebel. Ich persönlich halte von diesen Übungen (auf den Torspieler bezogen) nicht viel (Alts Trainer einer kompletten Mannschaft, sieht das schon wieder anders aus). Aber ich gebe auch zu, wenn ich mir Steffens Punkte ansehe, welche sich der Torspieler daraus mitnehmen kann, so kann es sein das ich das Ganze vllt auch aus dem falschen Blickwinkel gesehen habe.
    Früher war er der Panther im Verein, neulich meinte jemand: "Guck mal! Ein fliegendes Schwein!"

  5. #5
    torwart.de-Team Avatar von Steffen
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    Nein. La_Chat... es ist kein falscher Blinkwinkel.
    Ich muss hier immer nur sagen:
    Was nutzt eine Übung, wenn die Mannschaft auf ein leeres Tor einhämmert?
    Die meisten Spieler sind kaum in der Lage Präzision und Schusskraft in Einklang zu bringen. Und just hier sind diese Übungen einfach bestens geeignet.
    Bei Vorlegen, wie Du schon sagst, geht es um einen rollenden Ball, den der Spieler verwerten muss. Egal, ob er sich, gegen einen anderen im Wettlauf mit einem selbstvorgelegten Ball durchsetzen muss und dann am Sechzehner abschließen soll, oder ob ein anderer einen Querpass spielt, oder von der Grundlinie zurück legt... oder oder oder.
    Die andere Übung ist dann der ruhende Ball an der Sechzehner-Grenze. Dies kommt im Spiel selten vor, doch stellt es die Grundlage für die Übungen mit bewegtem Ball dar.
    In all diesen Übungen geht es einzig darum, daß man einen Bewegungsablauf automatisiert und verinnerlich.
    Das kommt uns als Torwart verdammt bekannt vor, und warum sollte, was für uns Torleute gilt, nicht auch für Feldspieler gelten?

    Also sind diese Übungen immer mal wieder wichtig. Wichtig ist aber dann, was ein TwT bei seinem Torhüter verlangt: Die korrekte Ausführung. Der Trainer darf also nicht grußlos auf die Hütte bläuen lassen, sondern muss den Bewegungsablauf analysieren und bei den Spielern individuell verbessern. Und just dies passiert oft nicht, weshalb dann Spieler reihenweise die Bälle am Tor vorbei oder über dasselbige wuchten.
    Oft wird mit roher Gewalt gearbeitet, anstelle Technik zur Perfektion zu treiben.
    Wir diese Übung aber entsprechend korrekt gemacht, egal welche, so kann der Spieler auch nur Nutzen daraus ziehen, wenn das tor nicht leer ist, sondern ein "Hindernis" darinnen ist, welches sich zudem nach Einschusswinkel und nach Distanz entsprechend auch positioniert.
    Denn dies unterbindet dann, daß die Spieler zentral halbhoch auf das Tor hämmern, und damit erneut die nötige Präzision vermissen lassen.

    Es ist also damit für uns als Torleute ideal, um das Stellungsspiel zu trainieren, als auch dies richtige Position und Distanz zum Speiler zu entwickeln... Klar, es gibt genügend Spieler, die den Sinn und den Zweck der Übung nie verstehen werden, es auch gar nicht wollen und daher volles Rohr ziel und planlos auf die Hütte feuern werden... für uns Torleute die Hölle.
    Ist man aber in der Mehrzahl von Spielern umgeben, die da Präzision und auch Fusswerk zu Tage legen, und anstelle da einen ungezielten Hammer auf das Tor nageln, entsprechend einen Ball am Torwart vorbei ins Tor mit Kraft einschieben wollen, dann wird die Übung vom Spieler korrekt ausgeführt.
    Als Torwart können wir dann prima erkennen, ob unser Stellungsspiel gepasst hat, ob die Distanz korrekt war... Dann schult es zudem unsere Reaktion und auch unsere Beweglichkeit, denn wir müssen dann rasch und oft in die Ecken tauchen, um die schnellen, präzisen Schüsse zu sichern oder abzulenken....

    Je höherklassig man schaut, desto seltener werden solche stupiden Übungen, weil diese dann meist in sehr praxisnahen Übungen eingebunden gemacht werden.

    Aber la_Chat, man sollte bei solchen Übungen einfach mal zielsetzung und Übungsausführung beleuchten und dies war eingangs nicht klar, daß es darum geht.
    Jetzt ist es klar und dann muss ich sagen: Frustpotential ist hier völlig fehl am Platze, denn ich kann nur besser werden, wenn ich Fehler mache und auch bereit bin, Fehler zuzulassen, einzugestehen und danach zu versuchen, diesen zu korrigieren.
    Denn nur durch dieses Trial_and_Error Verfahren lerne ich, und kann für mich als Torwart zu den Punkten:
    - Rechtzeitig fertig
    - richtige Position und Distanz
    entsprechend trainieren.... und auch diese Formen sind oft stupide, aus der Sicht des Torhüters, aber sehr wichtig.
    Lassen wir das, war nie eine Leuchte...

  6. #6
    Internationale Klasse Avatar von strigletti
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    Nachdem der Begriff „Antizipation“ nicht nur in diesem Thread, sondern immer wieder vorkommt und es dabei öfters zu Missverständnissen kommt, versuche ich mal zu erklären, was sich hinter diesem Wort verbirgt.

    Allgemein bezeichnet der Begriff „ Antizipation“ die Fähigkeit, sich eine Zukunft vorzustellen, ein Ziel festzulegen und dementsprechend zu handeln. Diese Definition ist einfach verständlich, gibt aber nicht viel konkretes her. Den Gesamtablauf dieser untereinander in wechselhafter Abhängigkeit stehenden Schritte, wird antizipatorisches System genannt. Eine einfache Definition dieses Systems bringt uns ein Stück weiter: „Ein antizipatorisches System ist ein System dessen jetziger Status von einem zukünftigen Status bestimmt wird; der Grund liegt in der Zukunft“. Der Abstoss als einfaches Beispiel dazu: Ich lege den Ball hin (=jetziger Status), damit ich ihn treten (=zukünftiger Status) und somit ins Spiel bringen kann (=in der Zukunft liegender Grund).

    Wie das Beispiel mit dem Abstosszeigt, ist die bisherige Definition doch recht schlicht und deswegen kann man diese sinnvollerweise auch erweitern und präzisieren: „Ein antizipatorisches System ist ein System das zukünftige Modelle von sich und/oder seiner Umgebung enthält, die es ihm erlauben seinen jeweiligen Status sofort in Abhängigkeit vorhersehbarer zukünftiger Veränderungen innerhalb der Modelle zu wechseln.“ Wenn wir das jetzt auf den Abstoss beziehen, so kommen jetzt plötzlich die anderen Spieler und die Gesamtsituation auf dem Feld in Form von Modellen zum Tragen. Das einfachste Modell wäre, alle würden still auf der Stelle stehenbleiben und es wäre keine Bewegung auf dem Platz; eine Veränderung innerhalb dieses einen Modells wäre es jetzt, wenn ein einziger Spieler sich auf einem festgelegten Laufweg mit festgelegter Geschwindigkeit bewegen würde. Damit ist klar, dass es in der Realität unendlich viele Modelle und ebenso unendliche viele Möglichkeiten von Statusveränderungen gibt. Kein Mensch ist in der Lage unendliche Prozesse zu verarbeiten und wenn wir zum ersten Mal in unserem Leben einen Abstoss sehen, hält unser Gehirn dieses Bild fest und wir haben das erste Modell dazu gespeichert. Da wir aber zuvor schon Menschen laufen gesehen haben, haben wir dazu auch schon Modelle abgespeichert und Modelle zum Thema Ball haben wir seit dem Tag, wo wir den ersten Ball unseres Lebens rollen sahen ebenfalls schon gespeichert. Deswegen ist Antizipation auch ein Lernprozess; je mehr wir uns mit etwas beschäftigt haben, umso mehr Modelle haben wir „auf Lager“ und das Ergebnis wird dann meist „Erfahrung“ genannt.

    Ich hoffe, ihr konntet mir bis hierhin folgen, denn jetzt kommt eine präzisere Definiton von Antizipation: „Antizipation ist die Erzeugung einer Vielzahl von dynamischen Modellen menschlichen Handelns und die Lösung von deren Konflikten.“ Um im Beispiel zu bleiben: Wer rennt wohin, wer steht frei, wer läuft sich frei, wie spiele ich an, also hoch oder flach, in den Lauf, in den freien Raum oder auf den Fuß, wie weit kann ich den Ball überhaupt bringen? All diese Fragen resultieren aus der Vielzahl, in unserem Fall sogar der Unendlichkeit, der dynamischen Modelle und ihre Antworten bergen jede Menge Konflikte. Die Geschwindigkeit mit der man diese Prozesse ausführt, ist die „Antizipationsgeschwindigkeit“; die dafür benötigte Zeit, ist die „Antizipationszeit“.

    Ich habe extra die Abstosssituation als Beispiel gewählt, denn hier hat der Torwart Zeit und kann diese Fragen auch mittels Überlegen lösen. Dies kostet aber sehr viel Zeit, und wenn ihr euch jetzt in diese Situation gedanklich rein versetzt, stellt ihr fest, dass ihr wahrscheinlich auch schon Abstösse ohne Nachdenken gemacht habt; einfach Ball hinlegen und weg das Ding. Ist er bei eurem Mann angekommen, dann habt ihr richtig antizipiert. Viele andere Aktionen auf dem Platz lassen dem Torwart keine Zeit zum Überlegen und dann wird das Handeln ausschliesslich per Antizipation bestimmt.

    Übrigens wird nach diesem Prinzip auch jede einzelne Bewegung von uns gesteuert...
    Stell dir vor, du gehst in dich - und keiner ist da

    Wer glaubt es reicht, wenn man bis zum Umfallen kämpft irrt sich...kämpfe darum Aufzustehen!!!

  7. #7
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    Danke für diese interessante Begriffserklärung, strigletti.
    "Bangerang"

    Krieger des Lichts
    06.11.09 † 10.11.09

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