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Thema: Verhalten bei kurzer Torschussentfernung

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  1. #1
    torwart.de-Team Avatar von Steffen
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    Nein. La_Chat... es ist kein falscher Blinkwinkel.
    Ich muss hier immer nur sagen:
    Was nutzt eine Übung, wenn die Mannschaft auf ein leeres Tor einhämmert?
    Die meisten Spieler sind kaum in der Lage Präzision und Schusskraft in Einklang zu bringen. Und just hier sind diese Übungen einfach bestens geeignet.
    Bei Vorlegen, wie Du schon sagst, geht es um einen rollenden Ball, den der Spieler verwerten muss. Egal, ob er sich, gegen einen anderen im Wettlauf mit einem selbstvorgelegten Ball durchsetzen muss und dann am Sechzehner abschließen soll, oder ob ein anderer einen Querpass spielt, oder von der Grundlinie zurück legt... oder oder oder.
    Die andere Übung ist dann der ruhende Ball an der Sechzehner-Grenze. Dies kommt im Spiel selten vor, doch stellt es die Grundlage für die Übungen mit bewegtem Ball dar.
    In all diesen Übungen geht es einzig darum, daß man einen Bewegungsablauf automatisiert und verinnerlich.
    Das kommt uns als Torwart verdammt bekannt vor, und warum sollte, was für uns Torleute gilt, nicht auch für Feldspieler gelten?

    Also sind diese Übungen immer mal wieder wichtig. Wichtig ist aber dann, was ein TwT bei seinem Torhüter verlangt: Die korrekte Ausführung. Der Trainer darf also nicht grußlos auf die Hütte bläuen lassen, sondern muss den Bewegungsablauf analysieren und bei den Spielern individuell verbessern. Und just dies passiert oft nicht, weshalb dann Spieler reihenweise die Bälle am Tor vorbei oder über dasselbige wuchten.
    Oft wird mit roher Gewalt gearbeitet, anstelle Technik zur Perfektion zu treiben.
    Wir diese Übung aber entsprechend korrekt gemacht, egal welche, so kann der Spieler auch nur Nutzen daraus ziehen, wenn das tor nicht leer ist, sondern ein "Hindernis" darinnen ist, welches sich zudem nach Einschusswinkel und nach Distanz entsprechend auch positioniert.
    Denn dies unterbindet dann, daß die Spieler zentral halbhoch auf das Tor hämmern, und damit erneut die nötige Präzision vermissen lassen.

    Es ist also damit für uns als Torleute ideal, um das Stellungsspiel zu trainieren, als auch dies richtige Position und Distanz zum Speiler zu entwickeln... Klar, es gibt genügend Spieler, die den Sinn und den Zweck der Übung nie verstehen werden, es auch gar nicht wollen und daher volles Rohr ziel und planlos auf die Hütte feuern werden... für uns Torleute die Hölle.
    Ist man aber in der Mehrzahl von Spielern umgeben, die da Präzision und auch Fusswerk zu Tage legen, und anstelle da einen ungezielten Hammer auf das Tor nageln, entsprechend einen Ball am Torwart vorbei ins Tor mit Kraft einschieben wollen, dann wird die Übung vom Spieler korrekt ausgeführt.
    Als Torwart können wir dann prima erkennen, ob unser Stellungsspiel gepasst hat, ob die Distanz korrekt war... Dann schult es zudem unsere Reaktion und auch unsere Beweglichkeit, denn wir müssen dann rasch und oft in die Ecken tauchen, um die schnellen, präzisen Schüsse zu sichern oder abzulenken....

    Je höherklassig man schaut, desto seltener werden solche stupiden Übungen, weil diese dann meist in sehr praxisnahen Übungen eingebunden gemacht werden.

    Aber la_Chat, man sollte bei solchen Übungen einfach mal zielsetzung und Übungsausführung beleuchten und dies war eingangs nicht klar, daß es darum geht.
    Jetzt ist es klar und dann muss ich sagen: Frustpotential ist hier völlig fehl am Platze, denn ich kann nur besser werden, wenn ich Fehler mache und auch bereit bin, Fehler zuzulassen, einzugestehen und danach zu versuchen, diesen zu korrigieren.
    Denn nur durch dieses Trial_and_Error Verfahren lerne ich, und kann für mich als Torwart zu den Punkten:
    - Rechtzeitig fertig
    - richtige Position und Distanz
    entsprechend trainieren.... und auch diese Formen sind oft stupide, aus der Sicht des Torhüters, aber sehr wichtig.
    Lassen wir das, war nie eine Leuchte...

  2. #2
    Internationale Klasse Avatar von strigletti
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    Nachdem der Begriff „Antizipation“ nicht nur in diesem Thread, sondern immer wieder vorkommt und es dabei öfters zu Missverständnissen kommt, versuche ich mal zu erklären, was sich hinter diesem Wort verbirgt.

    Allgemein bezeichnet der Begriff „ Antizipation“ die Fähigkeit, sich eine Zukunft vorzustellen, ein Ziel festzulegen und dementsprechend zu handeln. Diese Definition ist einfach verständlich, gibt aber nicht viel konkretes her. Den Gesamtablauf dieser untereinander in wechselhafter Abhängigkeit stehenden Schritte, wird antizipatorisches System genannt. Eine einfache Definition dieses Systems bringt uns ein Stück weiter: „Ein antizipatorisches System ist ein System dessen jetziger Status von einem zukünftigen Status bestimmt wird; der Grund liegt in der Zukunft“. Der Abstoss als einfaches Beispiel dazu: Ich lege den Ball hin (=jetziger Status), damit ich ihn treten (=zukünftiger Status) und somit ins Spiel bringen kann (=in der Zukunft liegender Grund).

    Wie das Beispiel mit dem Abstosszeigt, ist die bisherige Definition doch recht schlicht und deswegen kann man diese sinnvollerweise auch erweitern und präzisieren: „Ein antizipatorisches System ist ein System das zukünftige Modelle von sich und/oder seiner Umgebung enthält, die es ihm erlauben seinen jeweiligen Status sofort in Abhängigkeit vorhersehbarer zukünftiger Veränderungen innerhalb der Modelle zu wechseln.“ Wenn wir das jetzt auf den Abstoss beziehen, so kommen jetzt plötzlich die anderen Spieler und die Gesamtsituation auf dem Feld in Form von Modellen zum Tragen. Das einfachste Modell wäre, alle würden still auf der Stelle stehenbleiben und es wäre keine Bewegung auf dem Platz; eine Veränderung innerhalb dieses einen Modells wäre es jetzt, wenn ein einziger Spieler sich auf einem festgelegten Laufweg mit festgelegter Geschwindigkeit bewegen würde. Damit ist klar, dass es in der Realität unendlich viele Modelle und ebenso unendliche viele Möglichkeiten von Statusveränderungen gibt. Kein Mensch ist in der Lage unendliche Prozesse zu verarbeiten und wenn wir zum ersten Mal in unserem Leben einen Abstoss sehen, hält unser Gehirn dieses Bild fest und wir haben das erste Modell dazu gespeichert. Da wir aber zuvor schon Menschen laufen gesehen haben, haben wir dazu auch schon Modelle abgespeichert und Modelle zum Thema Ball haben wir seit dem Tag, wo wir den ersten Ball unseres Lebens rollen sahen ebenfalls schon gespeichert. Deswegen ist Antizipation auch ein Lernprozess; je mehr wir uns mit etwas beschäftigt haben, umso mehr Modelle haben wir „auf Lager“ und das Ergebnis wird dann meist „Erfahrung“ genannt.

    Ich hoffe, ihr konntet mir bis hierhin folgen, denn jetzt kommt eine präzisere Definiton von Antizipation: „Antizipation ist die Erzeugung einer Vielzahl von dynamischen Modellen menschlichen Handelns und die Lösung von deren Konflikten.“ Um im Beispiel zu bleiben: Wer rennt wohin, wer steht frei, wer läuft sich frei, wie spiele ich an, also hoch oder flach, in den Lauf, in den freien Raum oder auf den Fuß, wie weit kann ich den Ball überhaupt bringen? All diese Fragen resultieren aus der Vielzahl, in unserem Fall sogar der Unendlichkeit, der dynamischen Modelle und ihre Antworten bergen jede Menge Konflikte. Die Geschwindigkeit mit der man diese Prozesse ausführt, ist die „Antizipationsgeschwindigkeit“; die dafür benötigte Zeit, ist die „Antizipationszeit“.

    Ich habe extra die Abstosssituation als Beispiel gewählt, denn hier hat der Torwart Zeit und kann diese Fragen auch mittels Überlegen lösen. Dies kostet aber sehr viel Zeit, und wenn ihr euch jetzt in diese Situation gedanklich rein versetzt, stellt ihr fest, dass ihr wahrscheinlich auch schon Abstösse ohne Nachdenken gemacht habt; einfach Ball hinlegen und weg das Ding. Ist er bei eurem Mann angekommen, dann habt ihr richtig antizipiert. Viele andere Aktionen auf dem Platz lassen dem Torwart keine Zeit zum Überlegen und dann wird das Handeln ausschliesslich per Antizipation bestimmt.

    Übrigens wird nach diesem Prinzip auch jede einzelne Bewegung von uns gesteuert...
    Stell dir vor, du gehst in dich - und keiner ist da

    Wer glaubt es reicht, wenn man bis zum Umfallen kämpft irrt sich...kämpfe darum Aufzustehen!!!

  3. #3
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    Danke für diese interessante Begriffserklärung, strigletti.
    "Bangerang"

    Krieger des Lichts
    06.11.09 † 10.11.09

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