Für mich ist der Ausstrahlungsbegriff auch etwas willkürlich. Man kann m.E. über eine Art von Ausstrahlung sprechen: Das ist, ob man Sicherheit ausstrahlt oder eben nicht. Das ist dann auch ein echter Faktor, der einer Mannschaft auf dem Spielfeld zu Gute kommt.

Aber ob ein Torwart jetzt grinst, wenn er eine gute Parade gemacht hat, oder nicht, hat doch keine echte Auswirkung auf die Qualität eines Keepers. Ich weiß, dass unter dem Aspekt Ausstrahlung noch mehr Dinge genannt werden als das, aber viele dieser Dinge sind, wie Tobias sagt, einfach typbedingt. Ob ich jetzt meinen Abwehrspieler zur Besinnungslosigkeit schüttele, wenn er einen Gegentreffer verschuldet hat, oder einfach weiter meinen Job mache und den Ball aus dem Netz hole, ob ich mich über den Schiedsrichter aufrege oder einfach hinnehme, dass er auf den Punkt zeigt, ob ich meine Mannschaft permanent von hinten anpeitsche oder ruhig bin und die Jungs ihren Job machen lasse... Das kommt halt extrem auf den Typ an, Kahn, Wiese etc. sind halt andere Typen als ein Neuer, Zieler und Mielitz.
Und man muss an dieser Stelle halt sagen, dass die Eigenschaften eines Oliver Kahn heutzutage nicht mehr an jeder Stelle erwünscht sind. Schließlich ist der Torwart kein Cheerleader, der sein Team anfeuern muss und auch kein Trainer, der Fehler erkennen und darauf hinweisen muss.
Das ist auch eine Frage, wie sich die Menschenführung im Laufe der Zeit gewandelt hat. Heutzutage kommt es eben seltener vor, dass man vom Chef angebrüllt wird, wenn man einen Fehler macht. Stattdessen wird versucht, in einem Team kollektiv weiterzukommen. Und das schlägt sich dann irgendwo auf den Fussball nieder. Immer häufiger hört man doch mittlerweile, meist von älteren Jahrgängen, dass in Mannschaften die Typen fehlen, wenn gerade der Erfolg fehlt. Als Beispiel sei hier mal die Nationalelf genannt. Dabei sieht man eigentlich, dass Trainer immer wieder gerne auf solche "Typen" verzichten. Michael Ballack z.B. ist in Verein und Nationalelf ausgebootet worden, ein Wiese in Bremen und es lassen sich sicher noch weitere Beispiele finden. Einige sagen, Ballack war den entscheidenden Personen zu unbequem. Vielleicht passte er aber auch einfach nicht mehr in das erneuerte Gefüge, in dem man eben keinen klaren Leader braucht. Das geht jetzt wieder sehr in den Bereich, wie sich ein jeder Fussball vorstellt, aber meiner Meinung nach geht die Entwicklung klar weg von den echten Typen hin zu "Kollektivbienen".
Das mag für manchen etwas emotionslos aussehen, wenn der Torwart seinem Innenverteidiger nach einem Fehlpass nicht das Ohrläppchen abbeißt, passt aber einfach viel besser in die Zeit. Und somit stellt es dann auch absolut keinen Qualitätsnachteil dar, wenn ein Mielitz z.B. ein eher ruhiger Geselle ist.