Die Überschrift spricht es deutlich aus... und für mich war es eine Genugtuung nach dem Torwart.de Camp mit ehemaligen Kollegen aus dem Bereich Landessportbund / Übungsleiterausbildung zu sprechen.
Denn genau hier treffen Meinungen aufeinander, und hier bekam ich eine, die mich selbst sprachlos machte.
Natürlich werde ich nur, weil es hier plötzlich eine andere Sichtweise gibt, nicht alles umwerfen, es anders machen und von bewährtem abrücken - aber als Grundlage für eine Interessante und hoffentlich wenig Sommerflaue Diskussion bietet es genug Stoff.

Beleichten wir den Diskussionsweg von Montag Abend: Wir kamen auf Sprungkraft und endeckten in der Leichtathltik den Hoch und Weitsprung, sowie hier die Unterschiede. Dabei schwenkten wir zum Basketball, lernten den DropJump, CounterMovementJump und SquatJump näher kennen. Im Torwartspiel entdeckte ich hier Parallelen zu vielen gesagten Dingen, bis uns plötzlich aufgefallen war:
Verdammt, der Hochspringer springt über die Querlatte des Fussballtors - 2,44 Meter, drüber.
Okay, das ist beeindruckend.
Wir stiegen voll ein und betrachteten nun den Kraftmoment, bzw. den Verlauf der Sprungkurve. Den wir immer ein Sprung geartet ist: Man muss den Schwerpunkt gegen die Anziehungskraft der Erde erheben, und die Erdanziehung zieht den Körper zu Boden zurück. Im Endeffekt ist dies gleich zum Wurf eines Balles oder dem Abschuss einer Kanonenkugel - es ergibt sich eine sogenannte Ballistische Flugbahn. Diese Ballistische Kurve wird in der Länge und Höhe von zwei Dingen beeinflusst: Beschleunigung des Objekts und Abschusswinkel. Hierzu gibt es komplexe Formel, doch gilt als Faustregel, das bei einem Abschusswinkel von ca. 45° die längste Weite erreicht wird (rein rechnerisch) weil nahezu ausschließlich hier nun die Kraft entscheidend ist. Bei kleinerem Winkel ist die Flugbahn sehr flach und der Körper kommt früher am Boden auf, bei größeren Winkeln ist die Kurve höher, aber dafür wesentlich kürzer. Beim Winkel 90° wird nun die größte mögliche Höhe erreicht, weil ausschließlich die Kraft die Höhe bestimmt, und beim Winkel 0° bestimmt nur die Kraft die Weite, die das Objekt fliegt, wenn der Abschusspunkt über dem Erdboden liegt. Allerdings geht man von einem am Boden liegenden Objekt aus, ist Höhe Null und damit Weite selbst bei Kraft unendlich auch Null, da sich das Objekt nicht vom Boden erheben kann.
Somit fiel uns auf, daß z.B. Weitspringer und Hochspringer völlig unterschiedlich arbeiten müssen: Der eine mit möglichst dem idealen Winkel zu Kraft, oder Beschleunigung, was meist ein eher flacher Winkel ist, im Gegensatz zum eher steilen Winkel des Hochspringers.
Denn im Gegensatz zu einem Geschoss, beschleunigt der Weitspringer auf gerader Bahn ebenerdig, und nicht optimal im 45° Winkel. Somit muss er darauf achten, mit dem Absprung einen möglichst guten Winkel zu erwischen, damit wenig der Beschleunigung und damit der Masseträgheit in gerader Richtung verloren geht, aber dennoch ein Winkel für eine Flugbahn erreicht wird.
Auch der Hochspringer darf nun nicht einfach alles in Höhe umwandeln, sondern just er muss versuchen, die Massenträgheit in ein Höhenmoment zu wandeln. Dies zehrt viel Anlaufenergie auf, weil diese nun von ebenerdig gerade in aufwärts umgeleitet werden muss.
So kann nicht die vollständige Energie genutzt werden, es geht viel der Anlaufenergie in beiden Fällen verloren, was vermieden werden könnte, würde der Hochspringer nahezu senkrecht anlaufen, der Weitspringer im knappen 45° Winkel laufen... dies funktioniert aber nicht.
Witzig: Skispringer springen auch nicht nach oben ab, auch wenn man den Schanzentisch so bauen könnte. Skispringer fliegen auf einer Kurve einen Hand hinunter, der entsprechend Berechnungen geformt wurde, die ein Körper mit bestimmter Geschwindigkeit vom Schanzentisch aus einnimmt.
Skispringer fallen also eher den Hang hinunter, als diese wirklich springen. Der Absprung generiert nur ein zusätzliches Höhenmoment, der den Abstand vom Boden bestimmt, so daß der Springer früher oder Später auf dem abfallenden Hand aufkommt, die Höhe aber, über dem Hang ist in einem sehr engen Rahmen gegeben. Wäre dies anders, während die Stürze meist tödlich...
Zurück zum Thema: Der Anlauf ist also das Problem, zudem das Problem, daß der Schwerpunkt, den man bei Betrachtungen ungefähr auf Höhe der Hüfte ansiedelt.
Dabei ist beim Weitspringer die Hüfte meist weiter hinten als die Beine, Ziel ist also beim Weitsprung beim Aufkommen die Hüfte so nah als möglich an die Füsse zu bekommen, und die Hüfte durch den Schwung möglichst sogar über die Füsse wegklappen zu lassen, Ami eben die hinterste Markierung die Fersen sind, und nicht der Popo… Beim Hochspringer ist es nun so, daß es gilt möglichst wenig Weite zu erlangen, sondern mehr Höhe und so nah als möglich an der Latte aufzusteigen und möglichst nahe hinter der Latte runter zu kommen.
Und genau hier setzt Fosbury ein. Fosbury erkannte die Bogenkurve, als auch den biomechanischen Vorteil der Rückenlage, den im Moment wo der Schwerpunkt, also die Hüfte über die Querlatte geht, sind die Beine im Weg. Konnten die ehemaligen Springer bäuchlings im Hechtsprung den Oberkörper nach vorn klappen, war es Ihnen unmöglich, die Beine im Hüftgelenk nach hinten hoch weg zu klappen.
Fosbury versuchte vieles und kam am Ende darauf: Es ist sinnvoller seitlich neben der Latte abzuspringen, eine Viertelumdrehung zu machen und dann mit dem Rücken über die Latte im Hohlkreuz zu gehen, um so die Hüfte in der kurzen und sehr steilen Bogenflugbahn über die Latte zu bekommen. Damit nun die steile Flugbahn nicht unterbrochen wird, klappt der Hochspringer im Moment da die Hüfte über die Latte geht die Beine gestreckt nach oben weg, wie beim Sitzen und ermöglicht so ein möglichst flaches Profil an der Latte im Fallen.
Zudem erkannte Fosbury, daß der leichte Rückwärtssprung etwas mehr Sprungkraft aus der Bewegung generiert, als vom Vorwärtssprung.
Somit ist nur die Möglichkeit einer steileren und damit mehr auf Höhe ausgerichteten ballistischen Kurve möglich, auch das Kraftmoment wird beim Rückwärtsgang verbessert.
So die Ausführungen der Leichtathletik… betrachten wir nun en Torwart, so nimmt auch er Anlauf und versucht, diesen in ein Sprungmoment zu generieren, um Weite zu erreichen. Leichtathletisch belegt ist, daß man mit einem leichten Rückwärtsdrall nun mehr Kraft entfaltet, also mehr Kraft in Moment generieren kann. Beim Hochsprung ist dies möglich, beim Weitsprung nicht, da hier alles auf einer geraden Linie ausgerichtet ist und daher ein anderer Anlauf und ein anderes Sprungmoment den Bewegungsablauf signifikant stören würden, aber generell dachte man auch hier bereits über leichte Änderungen nach… Doch beim Torwart?
Im ist es nicht verboten, nach Regeln, anzulaufen und dann aus einem Schräg vorwärts gerichteten Anlauf einen eher leicht schräg nach hinten gerichteten Absprung zu machen.

Ist das vielleicht auch der Grund, warum Torleute instinktiv beim 'sich lang' machen, eher rückwärts 'fliegen' als noch dem Ball entgegen, well diese instinktiv so das maximale Sprungmoment ausnutzen, um die maximale Reichweite und die optimalste Flugkurve zu erreichen?
Oder ist es wirklich ein Fehler?
Unbestreitbar würde heute kein Hochspringer mehr in einer anderen Technik als Rückwärts mit dem Fosbury Flop arbeiten, auch hier entscheidet der Biomechanische Vorteil der Bewegung über wenige Zentimeter… Doch beim Torwart, wo die Zentimeter entscheidend sein können...