Ich habe ein gespaltenes Verhältnis zur niederländischen Torwart- und Torwarttrainerausbildung.

Einerseits war es die damalige Nachwuchs-Torwartschule von Ajax Amsterdam, die seinerzeit das Stellungsspiel des Torwarts vom "Torlinienathleten" zum Torraumspieler reformierten und sich schon lange vor unserer Bundesliga den "mitspielenden Torwart" freuen durfte.
Ob sich jetzt Edwin van der Sar auf seinen damaligen Torwarttrainer Frans Hoek freuen durfte oder umgekehrt, vermag ich nicht zu sagen. Weil unsere niederländischen Nachbarn jedoch anders als wir keine Talentverschwendung betreiben, wurde van der Sar Nationalkeeper und Hoek schloß sich Louis van der Gaal an. Spätestens dort bewies er großes Können und die Fähigkeit weitere Keeper von internationalem Format (u.a. Victor Waldez) in seiner Philosophie vom mitspielenden Torwart in einen besonders hohen Standard zu bringen.

Andererseits ist nicht zu verkennen, dass er dabei einen ähnlich autoritären Stil verfolgt wie andere berühmte niederländischen Trainer, die keinerlei Abweichung bzw. Individualisierung dulden. Weil die Spieler und Trainer Meinungsunterschiede viel zu selten austragen, gibt es auch in der Nationalmannschaft wachsende Probleme trotz nach wie vor sehr guter Ausbildungarbeit.

Dazu gehört auch die bereits seit Jahren etablierte Torwarttrainer-Lizenz, in der man mit standardisierten Ausbildungsinhalten und mit anschließender Prüfung eine Fachkompetenz überträgt, während hierzulande unterhalb des Profibereichs der Torwarttrainer leider noch allzuhäufig aufgrund fehlender Lizenz als "besserer Ballwiederholer" oder "Ballaufpumper" behandelt wird.

Der DFB weigert sich jedoch diese TW-Trainer-Lizenz hier anzuerkennen. Sicherlich gibt es in der Ausbildung etwas zu meckern, wie man überall Optimierungsbedarf anmelden könnte. Dennoch ist die halb private und halb vom KNVB (Koninklijke Nederlandse Voetball Bond) organisierte Ausbildung weitaus mehr als das, was die DFB-Zentrale in den letzen 20 Jahren zustande gebracht hat.

Frans Hoek gilt hier als wichtiger Vordenker, die anders als andere Torwarttrainer nicht einfach nur aufs Tor schießt oder schießen läßt, sondern immer wieder andere Spieler bis hin zum Defensivverbund in sein Training integiert.

Ich bin davon überzeugt, dass die Aufgaben des Co-Trainer und Torwarttrainers dank seiner Impulse in den kommenden Jahren mehr und mehr verschmelzen werden. Denn ein isoliertes Torwarttraining wohlmöglich mit einem Torwarttrainer ohne ausreichende gruppen- und mannschaftstaktisches Wissen wird den Chefcoach nur unzureichend unterstützen können. Gerade weil das Verständnis zwischen Mannschaft und Torwart immer größere Bedeutung im dynamischen Spiel erlangt, wird diese Rolle noch wichtiger werden.

Um so unverständlicher erscheint es mir, dass der DFB die Know-How-Trainer aus dem Profibereich auf die Schulbank setzen will, anstatt zunächst einmal von ihrem Know-How zu lernen, um es dann an eine breitere Masse transferieren zu wollen. Wir haben hier noch einen kleinen Wissensvorsprung, was sich durch die Ausbildung junger Keeper für den Profibereich zeigt. Allerdings ist es nur nach eine Frage der Zeit, wann uns die Nachbarn mit einem besseren, weil man uns dank eines etablierten Ausbildungskonzept (incl. Kompetenzübertragung) überholt haben. Es wird uns vermutlich auch in den nächsten Jahren nicht an Spitzen-Torleuten fehlen. Was uns aber fehlt sind gute Torleute in der Breite, denn die Talente wachsen nunmal nicht auf den Bäumen!

Was Frans Hoek in den Niederlanden geleistet hat, davor ziehe ich meinen Hut. Diesen Mut zur Erneuerung, aus einem sehr guten Torwart mit guten Feldspielerqualitäten zu machen, würde ich mir auch bei uns wünschen!