Ich finde die ganze Situation eigentlich sehr grotesk. Ein Fußball- Verein hat doch in erster Linie die Aufgabe ein Ort von Freundschaft, Kameradschaft, Toleranz und Zusammengehörigkeit zu sein. Doch gerade im Osten werden die Vereine in Ihrer Gestalt von innen heraus zerstört. Da ist man nur Fan, wenn man gegen die Anhänger anderer Vereine mit aller Vehemenz vorgeht. Da geht es doch nur noch im Hintergrund um den sportlichen Erfolg.
Ich habe es mehrfach mit erlebt, wie Magdeburger und Jenaer Fans sich vor und nach dem Spiel verhalten haben. Als neutraler Passant musste man regelrecht Angst haben, nicht näher als 10 Meter an sie heran zu geraten. Denn diese "Anhänger" sind durchaus dazu bereit, auch Passanten anzugreifen, weil sie offenbar nicht den eigenen Verein unterstützen. Doch worin liegt denn die Unterstützung, wenn der Fan sich nur artikulieren kann, indem er Gewalt zeigt und andere Menschen verletzen will?
Wo sind die kreativen Fan- Gesänge? Wo sind Spenden- Aktionen? Wo sind die schönen Plakate und die Choreographien?
All diese Forderungen scheinen aus Märchen und alten Legenden zu stammen, wenn man in ostdeutsche Stadien blickt, doch woran könnte das liegen?
Ich sehe im Alltag viele Anzeichen, die im Stadion geballt auftreten. Wiele sind perspektivlos, haben, wenn überhaupt, eine eher unterbezahlte Arbeitsstelle. Darüberhinaus haben sie eher mangelhafte Umgangsformen, Respekt ist da einfach sehr selten im Sprachschatz zu finden. Ich sehe da durchaus Parallelen zur Situation in Ostdeutschland. Viele sind verunsichert, wissen nicht, welche Chancen sie für eine positive Zukunft denn vielleicht einmal haben werden. Daraus entwickelt sich oft eine Unzufriedenheit und auch Neid, gegenüber besser situierten, da man sich selber benachteiligt fühlt. Im Osten ist man nach wie vor der Meinung, dass der Westen Deutschlands über den Osten lacht, wodurch man sich schlecht fühlt. Gleichzeitig hat man oft das Gefühl, dass die Politischen Spitzenkräfte sich nicht den Problemen in den neuen Ländern Stellen wollen oder es vielleicht nicht können. Also sucht man Halt und findet diese oft in Gruppierungen, die aus Ihrer Unzufriedenheit keinen Hehl machen.
Oder warum sonst findet die NPD hier beispielsweise so großen Anklang? Eben weil vielen hier suggeriert wird, dass alle anderen an den eigenen Problemen Schuld ist. Und diese Haltung wird dann auch sehr häufig in die Vereine hereingetragen, weil dort man auf Freunde und auch oft Gleichgesinnte findet. Man fühlt sich von anderen verstanden, weil es ihnen dann doch genauso geht. Ich bin mit meiner Situation unzufrieden und meine Kumpels im Fanclub sind es auch und wie kann ich nun diese Wut abbauen? Indem ich schreie und notfalls diese Aggression, die sich über eine lange Zeit hinweg angestaut haben, auch körperlich rauslasse.
Darüber hinaus steht man aber in der Gewalt nicht im Mittelpunkt, sondern ist mehr oder minder anonym, wodurch die eigene Hemmschwelle dahingehend sinkt da die Eigenverantwortung erheblich abnimmt. Im positiven Sinne, in der Leistungsorientierung, gibt es den gleichen Effekt, indem man sich in der Gruppe aus andere verlässt und somit die eigene Leistungsbereitschaft intuitiv etwas abnimmt.
Natürlich ist die Problematik nicht dadurch behoben, indem man den Verein als solches bestraft, wobei sich die unzufriedenen Anhänger und dem Deckmantel des Fan- Kults verstecken, aber es scheint die einzige Möglichkeit zu sein, die Personen mehr oder minder dann doch zu treffen, wobei die eigentlichen Verlierer in diesen Situationen die ehrlichen Fans, die Liebhaber des Sports sind, und diese Entwicklung stimmt mich traurig und ist dramatisch zugleich, denn ein Ende scheint immer noch nicht in Sicht zu sein.