Also, ich habe sicherlich anderes zu tun... als täglich mir dutzende von Berichten der deutschen und dann restlich europäischen Torleute anzusehen.
Zudem: Wer sagt mir das was diese Berichte sagen, auch der Wahrheit entsprechen?
Schauen wir doch mal, wie schwer es uns persönlich fällt, die Leitung der Torleute korrekt einzustufen. Unnerstall oder Hildebrand... Kahn oder Lehmann... Wiese oder Weidenfeller....
Um das zu können, müssen wir im Training sein und müssen die Leitungen der Torleute über einen langen Zeitraum beobachten und deren 'Löcher' kennen lernen. Denn wenn ich eines weiß, dann ist es, daß kein Torwart perfekt ist, sprich er kann und wird nie in allen Techniken und taktischen Umsetzungen rund und optimal sein. Oft muss man lernen, einem Torwart Fehler zuzulassen und diesem zu helfen, diese Fehler zu kompensieren, anstelle diese Fehler abzustellen.
Siehe Oliver Kahn, der auf seiner linken Seite eigentlich nicht übergreifen konnte. Doch beständiges Üben an der Seite half, der er das so kompensieren konnte, es es kein Problem darstellte - auch wenn das erst einmal ein Schwachpunkt war.
Anderes Beispiel ist Tim Wiese und seine oft recht unbeherrschte 1 gg 1 Aktion. Auch hier sieht man, daß es in der Richtung Fortschritte gibt, aber sicherlich: Die Grätsche, die er macht, wird man nie zu einer anderen Technik umändern können - man muss also das Muster beibehalten aber so gut es geht optimieren - also den Fehler kompensieren... wie gut das gelingt und wie schwer das ist, ich denke - man sieht es.
Jetzt müßten wir also, um einen Vergleich zu haben, alle Torleute über die wir sprechen nun genau so kennen... also deren Stärken und Schwächen genau beleuchten können und im Training durch Übungen schauen, ob das wirklich und sicher der Fall ist.
Also ob nun Oliver Kahn wirklich links ein Problem beim Übergreifen hat. Dazu baue ich eine Übung auf, mache es rechts und dann links und dann sehe ich, ob mich mein Verdacht trügt, oder ob sich diese Sache bestätigt.
Der nächste Punkt ist dann, die Kompensation. Ein Fehler ist an sich erst einmal ein Problem. Jetzt muss ich aber beobachten, ob das in den Spielen auch ernsthaft ein Problem darstellt und wenn ich hier dann bemerke: Nö, weil da mein Tw eine individuelle Technik benutzt, um diesen Makel zu kompensieren... dann muss ich darüber sprechen, es aber zulassen und helfen, diese Individualität, die ja einen Fehler kompensieren kann und soll, so zu 'verschlimmbessern' das eben der technische oder taktische Fehler nicht zum Tragen kommt, also keine Auswirkung auf die Leistung hat.
Kritisch wäre, wenn es eine Auswirkung auf die Leistung hat. Denn dann muss ich auch sprechen, muss aber dann Änderungen herbei führen.
Somit fällt es mir allein schon schwer, die Bundesliga Torleute korrekt und sicher einzustufen und viele Spieleindrücke die ich habe, nunja, sind subjektiv. Oft sehe ich Ausschnitte und Szenen, die schaue ich mir auch gern in Wiederholungen und Zeitlupen an... oft sieht man Fehler... die vielleicht gar nicht für das Spiel und Ergebnis tragen waren, für mich als TwT sind es aber dann dennoch Fehler... aber: Im Spiel unter den Bedingungen passiert so etwas halt.
Was ist dann mein denken? Nun, das eben ein Tw Trainer dann sich mit seinem Schützling diese Szenen ansieht, darüber spricht und natürlich auch Mittel und Möglichkeiten der Verbesserung anspricht und im Training versucht, dies umzusetzen.
Da ich aber nicht der Trainer dieser Torleute bin... nunja, sehe ich bloß den Makel, nicht aber die Kompensation, noch habe ich an der Stelle die Möglichkeit des Gesprächs... denn was ich als Fehler sehe, ist aufgrund des Blickwinkels des spielenden Torhüters vielleicht ganz anders zu betrachten, weshalb das Gespräch sehr wichtig ist - fehlt mir bei den Profis - also kann ich deren Leistungen, die ja auch von deren Entscheidungen und Situationseinschätzungen abhängen - nicht wirklich umfassend beurteilen.
Jetzt soll ich das für die Franzosen, Niederlänger, Belgier, Ungarn, Spanier, Italiener, Portugiesen und all die anderen auch machen? Ein Ding der Unmöglichkeit.
Somit ist jede Einschätzung sehr subjektiv.
Denn auch die Eindrücke, man dank Internet vom Training bekommt - sie sind so verzerrt.
Schaut man sich die DVD Reihe von 'Trainieren wie die Nummer 1" von unserem Bundes TwT an, schrecken einige - vielleicht aus arroganz - schwer zurück. Der Macht dies nicht, der achtet darauf nicht, etc. sind die Dinge die man da hört. Die Frage ist nun: Soll diese Reihe denn wirklich technische und taktische Elemente so detailreich vermitteln, oder eher Anregungsmaterial für das Training darstellen - ich denke, letzteres ist eher der Fall.
Wenn ich aber das aussen vor lasse und mir dies ansehe... sorry. Dann muss ich davon ausgehen, daß bestimmte Dinge, wie der Ballangriff, der Körperschutz, Abdruckpunkt und Auftaktbewegung im Training gar nicht geschult werden. Auch andere technische Raffinessen wie Fanghaltung, Leithand = Sicherhand, Bewegungsausführung und so weiter gar nicht geschult werden und man darauf keinen Wert legt.
Kein Wunder, das andere, wo diese Punkte im Training fast beständig dogmatisch heraus gearbeitet werden (sollen) nun die Nase rümpfen - weil diesen der Punkt Kompansation und Individualität völlig fremd ist.
Somit merkt man schon: Auch das Training scheint nicht überall identisch zu sein.
Wie kann ich also etwas vergleichen, wo nicht mal im gleichen Land das Training identisch ist?
Jetzt kommt der Faktor Mannschaft.
Vierkette vs. Libero - die Diskussion führen wir zwar nicht mehr, weil 4er Kette heute Standard ist, aber es gibt durchaus Vereine, wo das noch gemacht wird. Denn die Intelligenz und die Klasse für 4er Kette haben nicht alle. Ein Torwart hinter einem Libero muss anders mitspielen, als hinter einer 4er Kette. Keine Frage, daß ändert sich nochmals, wenn man anstelle 4er Kette dann eine eher offensive 3er Kette spielt.
Ja, und selbst wenn wie 4er Kette spielen, ändert sich das strategische Grundverhalten mit der Spielweise der Mannschaft und damit auch die taktischen Vorgaben... jetzt davon auszugehen, jeder Torwart kann das und wird es allumfassend beherrschen... Sorry. Schauen wir in die Bundesliga, gibt es hier Torleute, die würden nahezu ideal in die eher offensive 3er Kette passen, als Torleute die hinter einen massiven 4er Kette stehen.
Somit habe ich hier auch individuelle Schwächen und Stärken zu beurteilen, was ich wieder anhand des Trainings und natürlich auch der Spiele umfassend bewerten muss - aber ich muss zudem - und das dürfte der wichtigste Punkt überhaupt sein - in Betracht ziehen, welcher Torwart am besten in die Mannschaft und das Spielkonzept passt.
Wenn ich schnell offensiv in die Spitzen spielen will, kann ich einen Jean Marie Pfaff nicht brauchen. Toller Torwart, keine Frage - aber dann muss ich eher über einen Toni Schumacher nachdenken, der mit Abwürfen präzise und weit gekommen ist, und daher meine Flügelspieler besser in Szene setzen kann, als der Torwart der das Ding nur hoch und weit in die Häfte des Gegners schlagen kann.
Vielleicht kann Jean Marie auf der Linie mehr rausholen als ein Schumacher - doch wenn ich als Trainer offensiv spielen will, mit der strategischen Vorgabe, daß wir vorn einfach einen mehr schießen, wie wir hinten bekommen, setze ich dann doch eher auf den Torwart, der das ermöglichst, weil ich einfach einkalkuliere und auch in Kauf nehme, daß mir mal hinten einer reingeht - wenn ich dafür von aber schlicht 5 bis 6 Stück machen, fällt das nicht ins Lot.
Also muss der Torwart in dieses Gesamtgefüge passen.
Nun sind nicht alle Mannschaften gleich. Der FC Bayern spielt anders als die Truppe des Herrn Klopp. Und die Ehrmann-Gang muss anderen Vorgaben der Mannschaft genügen, als dies ein Wolf unter Magath soll... Die Mannschaft ist ein hochkomplexes Gefüge, den Torwart darin allein zu beleuchten, erscheint mir in gewisser Weise ein wenig sinnfrei.
Sicher, wir tun es... doch ich stehe für eine andere Philosophie.
Und nun Spanien, Italien, Portugal.. wie spielen diese Mannschaften? Ist das überhaupt wirklich so komplex vergleichbar? Und auf der Insel? Kick'n Rush spielt doch auch keiner mehr... also...
Wie will ich das fest machen?
Trotzdem: Ein wenig habe ich geschaut und von dem was ich sehe, gerade im Training, stelle ich fest, daß die Deutschen hier immer noch tolle Strukturen haben und vor allem hervorragende Leute. Damit will ich nicht die Leistungen in Abrede stellen, ABER ich sehe, schon aus patriotischen Gründen, Deutschland noch vorn.
Lange habe ich die Niederländer vorn gesehen, danach Ungarn und die ehem. jugoslawischen Länder - beeinflusst durch die damalige UdSSR und DDR... erst dann kam Deutschland. Doch diese Zeit ist vorbei und heimlich haben wir von den Ost-Staaten gelernt und vieles geändert, was uns nun nach vorn bringt.... Damit sehe ich uns an der Spitze, derzeit.
Aber ich bin nicht der Überzeugung, daß man sich darauf ausruhen kann und darf. Denn Zieler ist ein gutes Beispiel, aber auch andere wie Sattelmaier, zeigen deutlich: Oben ist die Luft dünn... und nur weil man sich von der Masse abhebt, heißt das nicht, daß man es oben schafft, vor allem nicht, wenn die Spielweise nicht zur Mannschaft und dem Trainer passt. Und zudem muss man sich weiter entwickeln, Stillstand ist kritisch, Rückschritte sogar tragisch - man denke an Adler, von Nummer 1 zur Nummer irgendwas aufgrund Verletzungspech - aber: All diese Dinge machen dann aus, was und wer sich oben bewegt.
Potential, keine Frage... doch Entwicklung und dann die Stabilität oben, daß zählt, ist aber von vielen Faktoren abhängig... so ist meine Einschätzung nur ein kurzfristiges Blitzlicht, eine Momentaufnahme, die keinesfalls als stabil und unveränderlich angesehen werden darf.
Denn dazu ist die Luft oben zu dünn - viel zu dünn.
Das bedeutet, auch wir Trainer dürfen nicht stehen bleiben, nicht dogmatisch sein, damit wir ermöglichen, daß unsere Torleute diesen Spitzenplatz auch behalten können und werden....