Ich gehe davon aus, dass Manuel Neuer durchaus eine gesamte Ära wie damals Kahn beispielsweise in der Nationalmannschaft prägen kann. Hierbei geht es weit über die klassischen Fähigkeiten hinaus, denn wie vielleicht bekannt sein sollte, stellt Joachim Löw nicht zwingend die besten Einzelspieler aus, sondern er wählt eine Aufstellung, die auf seine Spielphilosophie zugeschnitten ist.

Ein Beispiel hierfür ist da meiner Meinung nach die Nicht- Nominierung von Kießling. Dieser spielt in Leverkusen gut und erzielt viele Tore, aber er wird nicht zur Nationalmannschaft eingeladen. Viele werden sich wundern und auch unken, dass Löw einfach ein persönliches Problem mit Kießling hat, aber ich glaube, dass da auch Löws Spielidee dem ganzen entgegen steht.

Wenn ich da an Miro Klose denke, mag ich einige Unterschiede zwischen Klose und Kießling erkennen. Kießling kommt meines Erachtens nach sehr oft aus der Tiefe und ist somit auch nicht die gewünschte Anspielstation wie Klose, der sich zwar auch mal die Bälle im Mittelfeld holt, aber dann auch im Strafraum anspielbar ist und dann die Bälle auch nochmal prallen lassen kann und somit auch eine weitere Anspielstation bietet. In Löws Spielsystem sollen alle Spieler eine gewisse Torgefahr ausstrahlen. Alle, bis auf den Keeper. Somit möchte Löw da weniger den absoluten Vollstrecker haben, der vielleicht technisch etwas limitiert ist, sondern eher einen offensiven Allrounder, der einen ball auch mal behaupten und verteilen kann.

Ähnlich sieht es dann auch dahingehend auf der Torhüter- Position aus, wenngleich die Vorzeichen hier ja doch etwas andere sind. Warum wird beispielsweise auch Roman Weidenfeller nicht berücksichtigt? Natürlich ist es möglich, dass Löw eine persönliche Abneigung zu Weidenfeller hegt, aber ich denke, dass es hierbei auch um den Stil von Weidenfeller geht. Weidenfeller ist ja auch ein ehemaliger Schüler von Gerry Ehrmann, wodurch er vom Stil her etwas konservativer ausgerichtet ist und mehr oder weniger auf die Athletik setzt. Natürlich kann Weidenfeller auch etwas Fußball spielen, aber dennoch ist er hier weniger offensiv ausgerichtet als Neuer und was möchte Löw aber von einem Keeper auch sehen?

Löw verzichtet ja jetzt auch nicht ohne Grund auf Tim Wiese und das ja auch schon seit dem Zeitpunkt direkt nach der EM und somit auch nicht erst seitdem, Wiese so einen Schwächephase hat. Löw will einen Torhüter haben, der als elfte Anspielstation gilt, einen, der weiß, was er mit dem Ball anstellen kann und auch muss. Nun hat Manuel Neuer ja auch das Image, dass er aufgrund seiner Handlungsschnelligkeit, seiner fußballerischen Versiertheit und aufgrund seiner Abwürfe auch Torchancen entstehen lassen kann und das in einer Art und Weise, die auf diesem Niveau absolut ihres Gleichen sucht.

Erreicht ein anderer deutscher Keeper diese spielerische Präsenz? Eher weniger. Das werden wohl auch über kurz oder lang weder Zieler noch ter Stegen schaffen. Es wird ja weniger von Neuer erwartet, dass er jeden der unhaltbaren noch aus dem Winkel holt, sondern eben auch gewisse Situationen spielerisch löst und vielleicht auch selbst sofort Konter einleiten kann. So denkt zumindest Joachim Löw und so wählt er dann auch seine Kandidaten aus.

Gleichzeitig sehe ich bei weitem auch nicht so viele gravierende Fehler in Neuers Spiel, als dass dadurch ein Wechsel im Tor der Nationalmannschaft gerechtfertigt werden würde. Warum sollte man eigentlich auch einen Wechsel im Tor vornehmen, wenn der Keeper, der spielt sowieso am besten in mein bevorzugtes System passt?

Und genau aufgrund dieser Ausführung denke ich, dass Manuel Neuer tatsächlich eine Ära begründen kann, denn andere Keeper haben diese Fähigkeiten nicht in diesem Maße, wobei die gesamte Aufstellung der Nationalmannschaft eben derart offensiv ist, dass dann auch ein offensiv agierender Torhüter regelrecht benötigt wird.