Das ganze ist, wie ich sagte, eine relativ irrationale Sache.
Der Vergleich mit dem Schuss aufs Tor hinkt. Wenn der Ball aufs Tor geht, ist er in jedem Fall drin, wenn ich nicht hingehe. Den Einschlag will jeder Keeper vermeiden, was hat man dann zu verlieren?
Wenn ich eine Flanke abfangen will, ist das anders. Der Ball, den ich eventuell verpasse, könnte gar nicht bei einem Stürmer ankommen. Selbst dann könnte der Ball nicht aufs Tor kommen oder ich kann ihn notfalls noch auf der Linie halten. Natürlich ist das ein irrationaler Gedankengang, weil ich meist eine bessere Chance beim rauskommen habe als wenn ich Lotterie spiele und hoffe, den Ball noch auf der Linie halten zu können.
Der entscheidende Unterschied ist: Wenn ich nicht rauskomme, sehe ich nicht aus, wie der letzte Depp. Wenn ich den Ball nicht bekomme und der Stürmer nur noch den Kopf hinhalten muss, ist es ein klarer Fehler, ich bin für eine Niederlage verantwortlich und sitze im nächsten Spiel möglicherweise auf der Bank. Und schon spielt sich der Horrorfilm im Kopf ab. Ich kenn das von mir selber. Jetzt sehe ich das anders, denke, dass ich zu viel mehr Bällen hingehen sollte. Aber zu B- und A-Jugendzeiten hatte ich genau den oben geschilderten Gedankengang. Dadurch kam ich zu selten raus und habe es verpasst, wichtige Erfahrungen zu sammeln, die mir jetzt manchmal fehlt. Wenn ich dann doch rauskomme, geht es meist sogar erstaunlich gut, aber ich komme halt zu selten raus.
Ich vergleiche das manchmal, auch wenn es nicht ganz zutrifft, mit Stürmern. Würde man von ihnen verlangen, aufs Tor zu schießen und dabei unbedingt zu treffen, würden sie erst dann schießen, wenn sie sich absolut sicher sind (und dadurch vermutlich nie vernünftig zum Abschluss kommen). Von einem Profi kann man das später in gewisser Weise verlangen, aber er muss in seiner Ausbildung die Möglichkeit haben, die notwendigen Erfahrungen zu sammeln und nicht, bei einer vergebenen Chance direkt auf der Bank zu sitzen.




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