@Steffen:
1) Egal, ob man mit "fliegendem" Torwart spielt oder nicht: Man wird immer ein Tor mehr schießen müssen als der Gegner, um das Spiel zu gewinnen.
2) Ist es nicht gerade in den von dir beschriebenen Szenen, in denen die Verteidigung überrumpelt wird, wichtig, einen mitspielenden Torwart zu haben? Mitspielen dann nicht in dem Sinne, dass er sich in das Aufbauspiel einreiht und an der Mittellinie für Überzahl sorgt, sondern in dem Sinne, dass er seine Grenzen nicht durch weiße Linien gezeichnet sieht und deswegen kein Problem damit hat, die Lücke zu einer weit aufgerückten Kette nicht zu groß werden zu lassen. Ist es nicht gerade sinnvoll, die Reihen hinter der "Front" dicht zu halten, anstatt im Hinterland riesige unverteidigte Räume zu offenbaren bevor dann, kurz vor dem eigenen Tor ein einzelner Depp rumsteht, der die heranrauschende Kavallerie aufhalten soll? Damit meine ich nicht, dass die IV bei der Belagerung des gegn. 16ers tief in des Gegners Hälfte stehen sollte und der TW folglich an der Mittellinie stehen muss (was bei Rückstand kurz vor Schluss aber durchaus effektiv sein kann, keinesfalls jedoch über 90 Minuten). Aber warum sollte er, wenn die Kette vor ihm 10m in des Gegners Hälfte steht, am eigenen 5er stehen?
3) Ich glaube nicht, dass du übergreifer richtig verstanden hast. Wenn doch, hast du die Schwerpunkte deiner Argumentation falsch verteilt. Es geht ja nicht um das eigene Angriffs-, sondern das Aufbauspiel. Gerade, wenn ich dabei am eigenen 16er unter Druck gesetzt werde ist es doch töricht, auf einen zusätzlichen Anspielpartner zu verzichten. Der Torwart hat zweifelsohne seine Aufgaben, wenn der Ball beim Gegner ist und diese dürfen nicht vernachlässigt werden, aber warum sollte der Keeper im eigenen Ballbesitz nicht andere Aufgaben haben als sich auf den Ballverlustfall vorzubereiten. Viel erfolgsversprechender ist doch, wenn er nebenbei noch zur Verhinderung von Ballverlusten beiträgt.
Ich weiß, dass es Leute gibt, die den langen Ball für das Patentrezept halten, wenn es vorm eigenen 16er eng wird. Aber je nach Spielsystem und Mannschaftszusammenstellung kann das Gift sein. Selbst in der Kreisliga planen wir schon gegen spielstarke Mannschaften, diese genau zu diesem langen Ball zu zwingen, wenn wir wissen, dass wir in der Luft überlegen sind. So wird Ballbesitz des Gegners unterbunden, worauf dessen Spiel u.U. ausgelegt ist. Und wenn wir das in unserer Gurkenliga in akzeptablen Maße anwenden können, wie ist das dann in BL oder gar CL? Wäre es nicht grotesk einfach, dass Spiel von Bayern, Barcelona und Co. empfindlich zu stören, indem ich einfach vorne Druck drauf geben und so lange Bälle erzwinge? Man kennt es doch zur Genüge, was passiert, wenn eine Mannschaft gezwungen ist, anders zu spielen als sie es vorhat.
Ich will das jetzt gar nicht als allgemeinen Punkt für alle Teams dieser Welt festsetzen. Wenn eine Mannschaft gerne lang spielt und auf Konter setzt, brauche ich diese Torwartkette tendenziell weniger. Aber bei ballbesitzorientierten Mannschaften, die vielleicht gerade in Führung sind und am eigenen 16er unter Druck gesetzt werden, kann es sinnvoll sein, den TW ins Aufbauspiel einzubinden.
Warum sollte ich den TW nicht darauf trainieren? Ihm fallen ja dadurch nicht die Hände ab, auch die Sprunggelenke versteifen nicht plötzlich. Sprich: Alles, was er gegen den Ball kann, kann er immer noch, nur wird sein Spiel bereichert, indem er nicht nur herumsteht, während der Ball in den eigenen Reihen ist.