Sehr interessantes Thema, zu dem ich auch ein paar eigene Erfahrungen berichten kann...
Situation Jugend: Der TW aus dem älteren Jahrgang war eigentlich immer die Nummer 1, einfach aufgrund des einen Jahres mehr Reife und Erfahrung. Der Jüngere konnte sich dahinter entwickeln, Erfahrungen sammeln und war im zweiten Jahr dann "an der Reihe".
Situation 1 Senioren: Ich bin mit 19 zu einem neuen Verein gegangen, als klare Nummer 2, die aufgebaut werden sollte, einige Einsätze bekam und sonst in der zweiten gespielt hat. Die Nummer 1 war 25 und ein absoluter Topmann, der für sein Talent einige Ligen zu tief spielte. Im Training konnte ich mir viel bei ihm abgucken, wir haben uns gegenseitig gepusht und gut zusammengearbeitet. In meinen Einsätzen konnte ich eigentlich immer voll überzeugen, habe mich danach aber ohne Murren wieder ins zweite Glied begeben. Jeder wusste um seine Situation und konnte auf jeweils andere Art profitieren. Aus meiner Sicht die Idealkonstellation!
Hauptprofiteur war aber die Mannschaft, denn am Ende stand der Aufstieg, zu dem wir beide einen Teil beigetragen haben...
Situation 2 Senioren: Ich war 21, mein Konkurrent ein Jahr älter. Wir kannten uns aus der Schule, haben zusammen Abitur gemacht und waren ganz gute Kumpels. Eigentlich wollte ich die Konkurrenzsituation unter Kumpels vermeiden, am Ende hat sie sich doch so ergeben. Der Trainer hat seine Entscheidung über die Nummer 1 immer wieder vertagt, am Ende war seine Entscheidung "Ihr seid auf einem Niveau, wir wechseln ständig!" Aufgrund der besonderen Situation und des persönlichen Verhältnisses, haben wir das beide so hingenommen und Sonntag für Sonntag unsere Leistung gebracht. Dabei haben wir uns gegenseitig unterstützt und gut zusammengearbeitet. Wieder konnte die Mannschaft profitieren und am Ende sind wir aufgestiegen...
Situation 3 Senioren: Anschluss-Saison, meinen Kumpel hat es berufsbedingt weggezogen. Der Verein verpflichtete 2 neue Keeper, einen aus einer höheren, einen aus einer niedrigeren Liga. Damit sollten die Positionen Nr. 1, Nr. 2 und TW 2. Mannschaft besetzt werden. Altersstruktur: 22, 22, 23 --> alle Keeper mit denselben, bzw. ähnlichen Ambitionen (Nummer 1 werden). Allen Dreien wurde ein offener Konkurrenzkampf versprochen, der Vorstand war der Meinung, ich sei der Platzhirsch und die anderen müssten an mir vorbei. Statement des Trainers nach der Vorbereitung: "Du hast uns am meisten überzeugt, du kennst natürlich auch die Philosophie und was ich von einem Keeper erwarte." Gespielt habe ich am ersten Spieltag nicht, da der Coach bei einem der beiden anderen höheres Potential sah. Eine klare Aussage/Hierarchie wurde nie getroffen, Folge: Mein Konkurrent patzte Woche für Woche, ich saß auf der Bank, scharrte mit den Hufen. Anschließend wurde Woche für Woche festgelegt, wer spielt und wer auf der Bank sitzt. Die Konstellation war aber so, dass immer derselbe spielte, ich auf der Bank saß und der dritte Mann in der zweiten spielte. Einmal musste ich für ein Spiel sogar runter in die Zweite, um Spielpraxis zu sammeln. In der Woche darauf spielte ich plötzlich in der ersten, spielte fehlerfrei und saß danach trotzdem wieder auf der Bank. Wir Keeper pendelten also zeitweise zwischen 2. Mannschaft und Startelf erster Mannschaft.
Mir wurde klar, dass es mit drei Keepern, die ähnliche Ansprüche haben und nahezu im selben Alter sind nicht klappt und ein "Konkurrenzkampf" so nicht funktioniert. Der große Verlierer dieses Konkurrenzkampfes war am Ende die Mannschaft. Den Verein habe ich am Saisonende verlassen, da mir die Ehrlichkeit an vielen Ecken fehlte...
Fazit: Konkurrenzkampf klappt nur in Ausnahmefällen, abhängig von der ganzen Situation und vor allem der Moderation des Trainers. Als Torwart brauchst du absolutes Vertrauen und eine klare Hierarchie untereinander, was natürlich nicht heisst, dass Nummer 1 Woche für Woche patzen darf und Nummer 2 keine Einsätze bekommt... Jeder muss seine Rolle annehmen, dann profitiert am Ende der Einzelne und vor allem auch die Mannschaft. Gutes Beispiel für mich im Profibereich ist die aktuelle Situation beim FC Bayern: Neuer ist die Nummer 1 und einer, wenn nicht der Beste der Welt. Das sieht Tom Starke genauso, bringt sich trotzdem voll in die Mannschaft ein, nimmt seine Rolle an und ist daher nicht minder wichtig. Wer profitiert am Ende: Die Mannschaft!