Nun, seit der Euro schaue ich ein wenig über den Ärmelkanal. Ja, ich habe ein wenig Zeit, denn derzeit bin ich ohne Verein.
Da mir während der EM aufgefallen ist, daß die Torleute der britischen Inseln irgendwo sich anders bewegen, habe ich mal YouTube belästigt, wo die sehr patriotischen Fans doch gern das eine oder andere Torwarttrainingsvideo posten.
Hinzu kommt, daß auch in diversen Gruppen auf Facebook natürlich solche Videos existieren - man bekommt also rasch eine gute Übersicht.

Ich stelle mal folgendes Video beispielhaft ein: West Bromwich goalkeepers Ben Foster and Boaz Myhill in intense session with goalkeeping coach Jonathan Gould

Nun ist dieses Video bitte Beispielhaft zu betrachten, doch auffällig ist das Muster: Torleute fallen fast alle auf den Ellenbogen, es gibt kaum bzw. eigentlich keinen Abdruck, zu flachen Bällen wird nur gekippt und verdammt viel wert auf boxer-typische schnelle und leichte Füsse gelegt. Die Hände und Ellenbogen sind sehr eng vor dem Körper.

Es sind daher oft dynamische Bewegungen aus schnellem Lauf zum Ball, selten aber mal ein kraftvoller Abdruck zum Ball, wenn so kommt er untrainiert und ungeübt.
Betrachtet man nun andere Videos, fällt auf, daß dies scheinbar die Philosophie des britischen Torwartspiels ist, welches übigens auch Jens Lehmann prägte, weshalb Jens Lehmann viel von seinem deutschen, kraftvollen und dynamischen Abdruck einbüsste, der aus der niederländischen und osteuropäischen Schule herrührt. Diese schnellen Füsse aber machten Ihn zu jemand, der aber die Strafraumbeherrschung voran trieb - und daher Bälle entschärfte, bevor diese gefährlich wurden. Mit diesem Spiel entstand der Begriff "modernes Torwartspiel"...

Schaue ich mir aber Spielszenen an, fällt auf, wie oft die Torleute aufgrund desfehlenden Abdrucks zu wenig Kraft hinter den Ball bekommen, um diesen entscheidend abzulenken, oder auch um genug Reichweite zu generieren, einen Ball überhaupt zu ereichen. So ist da oft kaum eine richtige Hechtparade zu erkennen, als eher ein müdes leicht eingesprungenes Kippen zum Ball.
Eine Bewegung in den Ball findet nur im Ansatz statt, in der Bewegung gar nicht und viele Torleute drücken nicht mal über die Fussspitze, sondern leiten z.B. eine Bewegung nach rechts ein, indem diese mit dem linken Bein den Körper seitlich in den Ball schieben und daher über die rechte Fussaussenkannte eher wegkippen und nur wenig mit dem Abdruckbein überhaupt arbeiten.
Entsprechend fallen Tore auf der Insel...

Diskussionsbedarf habe ich: Bringt dieses Spiel wirklich was? Ist das Arbeiten ohne Schulen des Abdrucks wirklich zielführend, oder warum sieht man nicht das Defizit der Reichweite, gerade bei den Abschlüssen, wo der Torwart einfach abdrücken muss? Was bewegt Torleute aus den Niederlanden oder Deutschland, die britische Insel als Ziel zu sehen, wenn das Training dort allein schon diese völlig anders belastet und kaum auf ein vorheriges Bewegungsmuster passen will?
Irren wir, insbesondere wir Deutschen, in unserem doch immer noch eher kraftvollen Torwartspiel mit eben präsentem Abdruck und damit hoher Reichweite - und wenn nicht ja, sondern auch nur vielleicht, was ist denn bei den Briten besser, oder wo liegen die Vorteile?