Hallo Steffen,

mein Hinweis zu den Handballern war lediglich dahingehend zu verstehen, dass Handschuhe lediglich eine Unterstützung darstellen, jedoch kein Ersatz für den Erwerb von Torwartfähigkeiten sind.

Früher meinte man, die Keeper müßten immer und überall ihre Handschuhe tragen. Heute läßt man sie manchmal zunächst aus, damit zwischen Ball und Hand kein bißchen Stoff die Intensität des Ballkontakts stört. Wenn der Keeper es dann technisch gut umsetzt, dann soll er natürlich wie beim Wettkampf die Handschuhe tragen.

Die NLZ sind eigentlich Vorreiter in Sachen Nachwuchstorwartausbildung, aber auch hier braucht es seine Zeit, bis dort überall Ausbilder am Werk sind, die den Torwart nicht mehr nur als Torlinien-Artisten sehen.

Bei unseren Nachbarn in den Niederlanden kann man den Trend feststellen, dass der Torwarttrainer gleichzeitig auch Co-Trainer ist. Man sieht die Notwendigkeit, dass der Torwart das Verhalten seiner Spieler besser verstehn muß, damit er früher erkennt, wohin er seine Position anpassen muß. (ein Handballkeeper konzentriert sich ja auch nur auf die freie Ecke, die nicht vom Abwehrblock zugestellt werden kann) Auch die Spieler sollen den Torwart besser verstehen, damit sie nicht nach dem gegnerischen Torabschluß erst mal ihre Konzentration verlieren, sondern sich ohne Unterbrechung sofort für den Spielaufbau anbieten.

Hier enden viele Übungen mit dem Torabschluß - dort erst mit der erfolgreichen Spieleröffnung.

Wie rasant sich die Torwartaufgaben verändern, werden wir vermutlich erst in ein paar Jahren sehen, wenn diese umfangreich ausgebildeten Keeper international aktiv werden. Einen kleinen Vorgeschmack haben wir ja bereits mit den Schweizer Exportschlagern, ala Büki und Co. Auch dort gibts eine TW-Trainer-Lizenz-Ausbildung incl. der Übertragung von Kompetenzen, sodass mancher Unfug aus dem Torwartalltag von Nachwuchskeepern verschwindet.

Beim Training von spielnahen Situationen kann der TW-Trainer/Co-Trainer seine Keeper zum offensiven Denken erziehen, weil der Keeper hier weitaus mehr agiert als sich allein auf seine Reaktionen zu verlassen. Dort wird die Ballabwehr (Fausten, Lenken, Hechtsprung) als letztes Mittel angesehen, weil hierbei entweder kein kontrollierter Spielaufbau möglich ist oder aber der Keeper zur Spieleröffnung erst wieder aufstehen muß. Dort schlüpft dieser Trainertyp mal in die Rolle als Co-Trainer, wenn er die Feldspieler in Abstimmung zum TW korrigert und mal als TW-Trainer, wenn er den TW in Abstimmung zu den Feldspielern korrigiert.

Hier gibts hingegen noch "Fachleute", die den guten Torwart mit dem Zollstück bestimmen wollen. Aber was nützen mir 20 cm an Länge, wenn der Hüne häufig 3 Meter vor der Stelle entfernt ist, wo sein kleinerer Kollege bereits steht. Die TW-Länge mag bei der Torliniendominanz noch eine große Rolle spielen, aber im Raum braucht es hohe Konzentration und Handlungsschnelligkeit.

Die NLZ-TW-Trainer, von denen du sprichst, beschäftigen sich z.T. noch mit der traditionellen TW-Ausbildung, bei der Automatisierung von Bewegungsabläufen hohe Priorität hat. Aber aus vielen Ballkontakten werden leider nicht automatisch auch gute Ballkontekte. Denn wenn man nicht genau hinschaut, können sich dabei Fehler einschleichen, die eine spätere Weiterentwicklung hemmen und dan nur schwer zu korrigieren sind.

Die Fingersafe-Handschuhe ermöglichen ein längeres Torschußtraining, verzeihen dabei Ermüdungsfehler, weil sie durch die Protektoren die Finger vor Überdehnung schützen. (Allerdings bieten sie keinen Schutz, wenn ein Ball auf die Finger- oder Daumenkuppen prallt. Auch können sie im Wettkampf nicht vor einer Verletzung der Handinnenfläche schützen.)

Aber gerade im "wie" in der Anwendung liegt das große Potenzial, wodurch ein Keeper über sich hinaus wachsen kann. Eine nachhaltige TW-Ausbildung, die zu selbständigen Entscheidungen im Wettkampf führt schafft man eigentlich nur, wenn der Keeper auch versteht, was in welcher Situation eine gute und was eine weniger gute Antwort ist.