Ich sehe es ebenfalls differenziert! Früher hat man es u.a. als "3 Schritte-Regel" vermittelt. D.h. muß der Torwart zum Fangen eines Balles 3 oder mehr Schritte machen, so ist ein Absprung nur noch mit einem Bein möglich. Dabei wird das andere Bein zum Schwung holen angezogen.
Insbesondere ältere Trainer verlangen von ihren Keepern nach wie vor den Einsatz vom "Kontaktknie", damit der Ball mit ausreichendem Abstand zum Gegner gefangen werden kann. Hierbei kann es zu schlimmen Verletzungen eines Gegenspielers kommen, wenn beide Kontrahenten mit hoher Geschwindigkeit zusammen prallen. Europaweit wurde diese TW-Taktik diskutiert, als der damalige Nationalkeeper Toni Schumacher seinem Gegner mit dem Knie die "Einbauküche" richtete.
In der modernen TW-Taktik erscheint das angezogen gehaltene Knie nicht mehr unbedingt notwendig. Denn stürzte sich beim gegnerorientiertes Spiel nach dem Libero der Keeper noch von weit hinten mit hohem Lauftempo auf den hohen Ball, übernehmen in der modernen Mannschaftstaktik in aller Regel die IV diese Arbeit, sodass der Keeper mit gutem Stellungsspiel häufig schon dort stehen, wohin der Ball gespielt wird. Hinzu kommt, dass das der Kniekontakt lediglich in eine Richtung möglich ist, sodass der Keeper beim Körperkontakt aus anderen Richtungen dennoch aus dem Gleichgewicht geraten kann, wodurch eine Ballabwehr verhindert wird.
Dennoch können bei heutigem Regelwerk Szenen vorkommen, wo Gegner und Torwart gleichermaßen an eine reelle Chance glauben als Erster am Ball zu sein und mit hohem Tempo aufeinander zu rasen. Die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung ist besonders groß, wenn der Ehrgeiz durch viel Geld und Ehre angespornt wird! Solange sich nur der Gegner verletzt hat, wird es als Cavaliersdelikt (kann ja mal vorkommen) beschrieben. Ist jedoch der eigene, millionenteure Spieler längerfristig verletzt, dann muß sofort gravierendes verändert werden.
Insofern sollte man die Fairness nicht an Schiedsrichter, Torkamera und Videobeweis abtreten, sondern zunächst einmal jeder vor der eigenen Haustür kehren. Heute wird der Fairness-Sieger häufig von den Kontrahenten deshalb belächelt, weil sich diese meist in unteren Tabellenregionen befinden. Es gab in früheren Jahren schon einmal die Überlegung, den Tabellenrang nicht nur von Spielergebnissen, sondern auch von Fairnesspunkten abhängig zu machen.
Aber man kann das Verletzungsrisiko nicht allein an die Fairness fastmachen, sondern muß Ursache und Auswirkung dieser Frontalzusammenstöße näher betrachten. Denn nicht bedacht wird vielfach dabei, dass der Torwart bei diesem Bewegungsablauf ein besonders hohes Verletzungsrisiko im Bereich der Rippen eingeht. Denn während sich ein Feldspieler mit angelegten Armen seinen Oberkörper schützen kann, muß der Torwart mit lang ausgestreckten Armen zum Ball, sodass sein Oberkörper in diesem Moment ungeschützt ist. Neben Rücken- und Knieverletzungen sind Rippenverletzungen einer der Hauptgründe für ein vorzeitiges Karriereende der Torhüter.
Ich finde, für Feldspieler und für Torhüter sollten gleich Fairnessbedingungen gelten. Dabei ist beim Körperkontakt zu berücksichtigen, dass der Torwart als einziger Spieler im Team ein 1:1 nur in frontaler Position lösen kann. Denn geht ein Keeper nicht zu Ball, weil eine Verletzung droht, wird ihm eine Pflichtverletzung vorgeworfen. Geht er mit natürlichem Bewegungsablauf zum Ball, kann ihn jedoch aufgrund eines regelwidrigen, aber nicht gepfiffenen Fouls nicht klären, dann wird er dazu aufgefordert, das Knie beim nächsten mal "stehen zu lassen". Wir möchten alle viele Tore, weshalb wir uns im Zweifel für die Offensive entscheiden. Hier aber sollte die Regelauslegung dahingehend vereinfacht werden, dass ein nachhaltiger Körperkonakt (d.h. Torwart gerät beim Kontakt aus dem Gleichgewicht) als Foul für die Mannschaft des Torwarts zu gelten hat.