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Thema: WM 2018 in Russland

  1. #51
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    Hat jemand gestern die 2. Halbzeit beim Testspiel unserer Elf gegen Russland gesehen?

    Ich bin bei dem Quergeschiebe und den vielen Rückpässen zu Beginn der 2. Halbzeit eingeschlafen und erst wieder aufgewacht, als Müller über den Platz stolperte. Hab ich was verpasst oder wurde nur in der 1. Halbzeit richtig guten Fussball gespielt?

  2. #52
    Amateurtorwart
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    Die Enttäuschung über das Abschneiden der WM ist nun der Neugier über Weiterentwicklung des Torwartspiels und insbesondere möglicher Trends gewichen.

    Den Feldspieler hat man mehr Freiräume für die Kreativität versprochen und die Trainerausbildung wurde aktualisiert. Aber wie sieht es in der Torwartausbildung aus? Hier hat Marc Ziegler vor einiger Zeit beim BDFL-Treffen über Veränderungen berichtet und die daraus folgenden Veränderungen im Rahmen des Elite-Torwart-Camps in Bad Gögging Rede und Antwort gestanden.

    Während man die Torwartaufgaben traditionell in Ziel- und Raumverteidigung aufteilt und für seine Offensivaufgaben noch gar keine präzisen Ziel- oder Raumdefintionen über kurze, mittlere und lange Anspiele hinaus gefunden hat, wagt Ziegler erstmals eine Annäherung über die Interaktion zwischen Torwart und Mitspielern, die er situativ in Räumen beschreibt. So merkt er an, dass ein Angreifer stets 2 Möglichkeiten hat, um den Block des Abwehrspielers beim Torschuß zu umgehen. Entweder sucht er sich den freien Raum um den Abwehrspieler ins Eck oder er entscheidet sich beim langen Bein des Abwehrspielers den Ball durch dessen Beine hindurch ins andere Eck zu schlagen. Als Erkenntnis fügt er an, dass es besser wäre, wenn sich der Torwart darauf verlassen kann, dass sein Mitspieler eine Ecke zustellt, sodass er sich auf den Torabschluß in die freie Ecke vorbereiten kann.
    In einem anderen Fall beschreibt er die Situation einer Flanke, bei der die Abwehr zu tief einrückt, sodass der Keeper weder Raum noch Zeit hat, sich auf eine aktive Abwehr vorbereiten zu können. Der Gegner kann sich dann aus kurzer Distanz eine freie Ecke aussuchen, wenn es keine Abstimmung zwischen Torwart und Feldspieler gibt.

    Man möchte zunächst den Eindruck gewinnen, dass dieses ein Phänomen der letzten WM in Russland sei, bei der "Ballbesitz-Teams" auf sehr tief gestaffelte Kontermannschaften trafen und das Team mit einer guten Ballance zwischen diesen Extremen schließlich die Oberhand gewann. Denn eine Nationalmannschaft hat nicht die Zeit, sich einzuspielen und lebt von den individuellen Fähigkeiten der Teammitglieder.

    Wenn man jedoch genauer hinschaut, dann finden wir auch heute in den Vereinsmannschaften einige Elemente, u.a. viele Standards, aus denen Tore fallen. Wenn auch nicht in diesem Maße.

    Wagen wir also erneut einen Blick auf Zieglers Analyse und stellen fest, dass das Verständnis von Ziel- und Raumverteidigung und Ziel- und Raumangriff eine einfache Beschreibung benötigt. Denn es sind ja keine zufälligen Aktionen, sondern jeweils auf den Erfolg ausgerichtet. Auch kritisiert auch Oliver Kahn, dass eine Ballzirkulation ohne die Absicht zum Torerfolg eigentlich unsinnig sei.

    Verbindet man Raum und Ziel mit dem Faktor Zeit, so ergibt sich jeweils ein 3-dimensionaler Korridor, der sich mit jeder Bewegung von Ball uns Spieler verändert. Eine statische Beschreibung kann diese Interaktion nicht ausreichend beschreiben.

    Was aber bedeutet das für die Praxis? Wenn man vom Einfachen zum Schwierigen oder vom Bekannten zum Unbekannten spielnah trainieren möchte, so kann man für den Start sicherlich noch technische Hilfsmittel (z.B. Hütchen, Pylonen, usw.) einsetzen, muß dann jedoch die Situation so anpassen, wie sie sich im Spiel gestaltet. D.h. es müssen reale Mitspieler (Angreifer, Abwehrspieler) dazu kommen, um eine vollständige Torwartaktion durch Interaktion mit den Mitspielern erfolgreich trainieren zu können.

    Nun basiert jedoch eine Ausbildung normalerweise darauf, sich nicht gegenseitig zu trainieren, also jede Aktion so zu gestalten, dass der Gegner eine reale Chance hat in Ballbesitz zu gelangen, sondern ihn trickreich herein zu legen. Daran ist grundsätzlich ja nichts falsches. Will man jedoch bestimmte Trainingsziele erreichen, dann ist es von Vorteil, wenn die Trainingsgruppe zunächst einmal lernt sich gegenseitig zu trainieren und autonom zu coachen. Denn im Wettkampf steht auch kein Trainer auf dem Platz, der eine Situation einfriert, um danach die gewünschte Lösung zu finden.

    Zeitabhängige Zielkorridore können diese Interaktionen sehr viel präziser beschreiben, weil sie sich vom zweidimensionelen statischen Definitonen der Ziel- und Raumabwehr lösen, indem sie beides vereinen. Denn selbst beim Schuß aufs Tor gibt es eine Positionsanpassung, einen Bewegungsablauf, der in unterschiedlichen Phasen die Bewegung von Ball, Mitspieler, Gegner und Torwart hat, jedoch bislang im isolierten Torwarttraining weitgehend igoniert wird.

    Es mag auf den ersten Blick vielleicht komplexer erscheinen, jedoch wird der situative (relative) Zielkorridor nahezu jede defensive und offensive Aktion im Rahmen der gewünschten Ablaufzeit beschreiben können.

    Ich denke, es ist dazu nur noch ein kleiner Schritt nötig, den Marc Ziegler bereits beschrieben, jedoch in seiner Konsequenz für die weitere Ausbildung noch nicht ausreichend definiert hat.

  3. #53
    Amateurtorwart
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    Welche Weiterentwicklung? Diese Frage beschäftigte mich beim Länderspiel unseres Teams gegen die Niederlande. Rein rechnerisch könnten wir gegen unseren kleinen Nachbarn 3 Teams auf die Beine stellen, von denen jedes einzelne Team mehr Potenzial mitbringt, als die Elftal.

    Doch hatte man das Gefühl schon nach ca. 20 Minuten verloren, dass man um jeden Preis das Spiel gewinnen möchte. Wenn nicht gerade eine gute Idee von Neuer zur Spieleröffnung kam, von unsren Jungs gab es bis auf den guten Paß von Kimmich nichts, was den Gegner vor Proleme stellte.

    Allerdings machte es uns der Gegner mit deutlich mehr Aggresivität auf dem gesamten Spielfeld vor, wie man taktisch eigene Ziele erreichen kann.

    Natürlich muß man sich fragen, wie man gegen einen Gegner, dessen Offensivstärken bekannt sind mit einer 3-er Kette spielen kann? Denn bis auf das Eigentor von Tah kam man jeweils gar nicht zu einer 5-er Kette, sondern sah im 1 gegen 1 mehr als einmal alt aus. Die Niederlage hätte ohne die Neuers-Glanztaten weitaus höher ausfallen können.

    Es stellt sich die Frage, welche Verantwortung beim Trainer und welche bei den Spielern zu suchen ist?

    1. Falsche Taktik (besser wäre m.E. ein 4 : 2 : 3 : 1 oder ein 4 : 4 : 2 gewesen)

    2. Falsche Spieler
    Die Entscheidung alle Spieler aus dem Kader zur werfen, die bei der WM 2018 Kritik an Löw`s Tatik geäußert haben, war ganz offensichtlich falsch und verfrüht. Wenn Löw nunmehr wieder die Spieler aus dem Kader wirft, die am jetzigen Spiel eine schonungslose Kritik am Trainer geäußert haben, dann geht es noch mal einen Schritt zurück.

    3. Umbruch
    Wer aus einem riesigen Reservour an Spielern schöpfen kann, wie es Löw möglich ist, der sollte nicht den Fehler machen, von einem Umbruch zu sprechen. Denn den gibt es nicht, weil geweilt genügt außergewöhnliche Spieler vorhanden sind.

    Unter der Vertretung von Markus Sorg haben wir ein herzerfrischendes und befreit aufspielendes Team gesehen. Dass Sorg dabei seine Leistung unter den Scheffel gestellt hat, zeichnet ihn eher noch aus als das Gemeckere von Löw nach der Niederlage. Denn mit keinem Wort gab er seine falsche Taktik zu und erwahnte auch nicht, dass er schon Mitte der 1. Halbzeit auf eine 4-er Kette hätte umstellen müsen. Da war bereits absehbar, dass man dort irgendwann einbrechen wird, wenn man den Gegner nicht wirksam beim Spielaufbau stört. Die Niederlande machte es uns ja vor!

    Denn es mag zwar aufgrund eines personellen Übergewichts mit Mittelfeld toll ausgesehen haben, wie man dort wiederholt Bälle gewonnen hatte. Nur fehlte die Idee, wie man daraus Kapital schlägt.

    Es wäre ein taktischer Umbruch nach der Pleite in Russland von Nöten gewesen. Ich glaube nach dem Spiel gegen die Niederlande nicht mehr an diese Einsicht.

  4. #54
    Amateurtorwart
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    Zwar stellte Löw auf eine 4-er Kette um, was mehr Stabilität versprechen sollte, jedoch passte es zwischen den Linien immer noch nicht. So geriet das Aufbauspiel häufig schon nach dem 2. Pass ins Stocken.

    Ein Spielaufbau im eigenen 16-er wird gegen stärkere Teams ganz sicher zu vermeidbaren Gegentoren führen.

    Ein hohes Tempo mit einfachen Pässen in allen Spielzonen ist hier gefragt.

    Man hat aber gesehen, dass das Team durchaus schnell ans gegnerische Tor kommen kann, wenn nach Balleroberung schnell nach vorn gepasst wird. Was allerdings noch fehlt ist der finale Mut zum Torabschluß, statt aus bester Position noch mal und noch mal quer zu spielen, sodass der Gegner das Zentrum wieder gut zustellen kann.

    Weil ein Umbruch oder eine andere Mannschaftskonstellation ebenfalls auf fast jeden Gegner zutrifft, sehe ich in diesen Überlegungen eher eine Zeitverschwendung. Eine Nationalmannschaft ist eben etwas ganz andere als eine Vereinsmannschaft. Schon deshalb gilt es nach einfachen Mitteln des Erfolgs zu suchen.

    Die Zeiten, in der man dem Gegner sein eigenes Spiel aufzwingen konnte, die sind spätestens nach der bitteren Niederlage gegen Südkorea bei der WM in Russland vorbei.

    Es braucht aber für eine kritische Auseinandersetzung beim DFB, um eine neue Erfolgsstrategie zu entwickeln. Egal, ob nun Löw oder ein anderer den Job macht! Es braucht gemeinsame Ziele. Es will mir auch scheinen, als bräuchte man eine bessere Kommunikation. Denn "Löws Fussballsprache" scheint längst nicht bei jedem Spieler richtig anzukommen? Das Verständnis für die jeweiligen Aufgaben sah unter Markus Sorg etwas besser aus.

    Derzeit sehe ich noch die Gefahr wieder in der Vorrunde eines internationalen Wettbwerbs rauszufliegen!

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