Zitat Zitat von Icewolf Beitrag anzeigen

Es geht doch erstmal darum:"Was kann ich (der Torwart <= ich benutze absichtlich das old-school-Wort) unternehmen, damit kein Tor fällt?"
Und nicht: "Wenn die anderen so-und-so mitmachen dann kann ich mich da-und-da hinstellen und dann sind die Bratwurst-Zone und die Doppelkorn-Zone im Deckungsschatten."
Dann nagelt Dir jeder leicht kreative Fußballspieler - man munkelt, sie hätten das schonmal auf dem Schulhof getan - den Ball volles Programm in den kurzen oberen Winkel und Sense.
Hilfsmittel und Leitsätze sind prima, um Dinge zu veranschaulichen und sich besser einprägen zu können, aber Fußball ist kein kompliziertes Spiel.
Viele wollen es gerne dazu machen.
Für mich ist der Fussball ein kompliziertes Spiel, über das ich kaum etwas weiß. Immer wenn ich eine neue Erkenntnis gewonnen habe, ergeben sich daraus gleich mehrere offene Fragen.

Beim Fussball gibt es eine unendliche Zahl an Situationen, von denen ich jeweils nur einen Teil hinreichend verstehe. Denn um mehr darüber zu erfahren, müßte mir zunächst die Gelegenheit gegeben werden, alle an der Situation Beteiligten zu fragen, warum sie genau so und nicht anders gehandelt haben? Doch selbst dann, hätte ich noch nicht viel gewonnen. Denn ich würde vermutlich von einem Teil der Befragten hören, man habe sich entschieden und das dann einfach gemacht. Ob es erfolgreich war, die beste oder doch nur eine der Möglichkeiten war, erfuhren sie erst nach der Situation. Ist es der Wunsch nach Perfektionismus, dann will man sich nicht mit schlechteren Lösungen zufrieden geben.

Wenn aber der Fussball im Wettkampfmodus nicht komplett vorhersehbar ist, wie kann er dann einfach sein? Sind es nicht immer nur Erkenntnisse, die bis auf Wideruf durch eine bessere Lösung ein begrenztes Verfallsdatum haben?

Auch der Torwart hat seine Aufgaben im Laufe der Jahre anders interpretiert. Man muß sich dazu nur mal Spiele anschauen, die 10, 20 oder 30 Jahre alt sind. Genauso, wie wir uns heute über deren Leistungen z.T. amüsieren, wird man in einigen Jahren über uns schmunzeln. Olli Kahn galt zu seinerzeit als der weltbeste Keeper. Würde er heute mit seinen Fähigkeiten nur noch die Reservebank warmhalten?

Allerdings wird kaum ein Trainer so ehrlich sein, beim überragenden Spiel seiner Mannschaft wäre Glück im Spiel gewesen. Umgekehrt möchte er gern das Pech bei einer Niederlage anführen, was ihm allerdings nur dann hilft, wenn es sich in naher Zeit nicht wiederholt.

Aber weil der Fussball im Seniorenbereich eine Ergebnissportart ist, wird gern vereinfacht. Als Sieger hat man immer Recht (oder wie einst Otto Rehagel sagte: Taktik ist, wenn du gewinnst) und der Verlierer kann es beim nächsten Spiel wieder gut machen.

Oder reden wir hier aneinander vorbei?

Wenn nicht, dann fallen mir hierzu 2 Aussagen in der WM ein.
Thomas Müller meinte, der Gegner (Mexiko) habe ganz anders gespielt, als wir gedacht haben. Das ist von außen betrachtet zunächst einmal sehr unwahrscheinlich, weil man seine Gegner doch intensiv studiert hat.

Aber verwunderlich ist dennoch, dass den besten Profis mit internationaler Erfahrung darauf in 90 Miinuten gar nichts einfällt? Nun mag der Trainer während des Spiels keinen großen Einfluß aufgrund der lauten Kulisse haben. Aber in der Halbzeitpause kann er doch signifikante Veränderungen darlegen.

Mats Hummels erklärte, es habe an der taktischen Ballance gefehlt. Viele seiner Kameraden seien einfach nach vorn gerannt und hätten die beiden IV und den Keeper mit den Abwehraufgaben allein gelassen!

Wenn man denn erstmalig bei einer WM eine Trainerunterstützung via Headset zuläßt, dann hätte doch der oben auf der Tribüne platzierte Beobachter des Trainerstabs schon nach den ersten gefährlichen Kontern "Alarm schlagen" können! Aber von außen war da nix zu erkennen!

Zum Schluß noch etwas über die Trainersprache! Leider gibt es nach wie vor keine einheitliche Trainersprache für den Torwartbereich. Das ist dann schwierig, sich zu unterhalten, wenn jeder etwas anderes darunter versteht. Allerdings sind wir meistens als Autodidakten unterwegs, weshalb es sich lohnt zuzuhören. Denn jeder weiß etwas, was der andere gern wissen möchte. Da sind wir vielleicht etwas anders als Mannschaftsspieler und Mannschaftstrainer, von denen viele meinen, besser zu sein als die Anderen?