Also ich weiß nicht, ob man wertvolle Trainingszeit mit spielfremen Abläufen belegen sollte? Was soll denn dabei trainiert werden? Wer das gern macht, der kann es zuhause oder irgendwo machen. Aber dazu muß man sich meiner Meinung nach nicht auf dem Trainingsplatz treffen. Warmmachen kann man sich auch mit dem Ball.

Viel interessanter finde ich da die Frage der Gewichtung der Trainingsinhalte. Ich habe mir dabei immer die Frage gestellt, ob die in jedem Altersbereich gleich sein sollte, nur eben vom Schwierigkeitsgrad her unterschiedlich? Dann stellte sich mir die Frage, ob man ihn direkt nach seiner erstmaligen Entscheidung ins Tor zu wechseln, schon die "volle Dosis" TW-Training verpaßt oder ob man zunächst einmal mit der gesamten Mannschaft TW-Übungen ins Mannschaftstraining integriert, damit jeder Teilnehmer bei den Übungen mal ins Tor kann. Denn er hat zuvor gelernt, wie er sich vor schmerzhaften Ball- Gegner- und Bodenkontakt schützen kann.

Beides (Stammtorwart, Gelegenheitstorwart) hat Vor- und Nachteile. Der Stammtorwart entwickelt sich häufig zum Torsteher, wenn ihm kein regelmäßiges gutes TW-Training zur Verfügung steht. Dies wird im unteren Jugendbereich häufig nicht erkannt. Denn während das Kleinfeld-Tor für Bambini- und F-Jugend eigentlich zu groß ist, ist es für die D-Jugend schon etwas zu klein. Wenn nicht durch spezielles TW-Training nachgeholfen wird, dann wird nur die Torfläche, nicht aber der Torraum als Aktivitätsbereich genutzt. Mangels entsprechender Trainingsinhalte wird es schwierig, ab der C-Jugend präventiv gegnerische Torchancen zu vereiteln und sich dank guter Technik ins Aufbauspiel zu integrieren.

Der "Gelegenheitstorwart" (nennen wir ihn mal so) wird zunächst den Pulsschlag mancher Trainer in die Höhe treiben, weil es insbesondere an der sauberen Ausführung von Grundtechniken des Torwart mangelt. Aber mit der Zeit kristallisieren sich aus der Masse der Gelegenheitskeeper die heraus, die über den besonderen Spaß an den Torwartaufgaben den Spaß an der eigenen Leistung entdecken.

Es stellt sich natürlich die Frage eines jeden Trainers: will ich sofort gewinnen, dann brauche ich einen Torwart, der schnellmöglich alle Aufgaben kennenlernt. Aber die frühe Festlegung des Stammplatzes hat natürlich den Nachteil, dass andere dafür geeigneter werden, ihnen jedoch diese Chance nicht gewährt wurde, weil es viel mehr Spaß macht selbst mit der Mannschaft zu gewinnen, anstatt späteren Trainern diesen Vorteil zu gönnen.

Man hört ja immer wieder darüber, was ein Torwart alles können soll. In diesem Zusammenhang trifft man häufig auf die Aussage, er müsse auch ein guter Libero sein! Ich habe da keine abschließende Meinung, jedoch die Erfahrung gemacht, dass die Kombination der Erfahrungen als Angreifer und als Torwart sehr viel güngtiger ist. Vielleicht liegt es daran, dass ja Libero und Torwart "das Spiel vor sich haben" und es nur in der Wahl der Mittel (ohne/mit Einsatz der Hände) zur Abwehr die Unterschiede bestehen. Als Angreifer kann man jedoch eigene Erfahrungen sammeln, wie man einen Keeper mittels Torschuß, Dribbling oder Paß bestmöglich überlisten kann und so die vielen Möglichkeiten erkennen und verstehen lernen.

Vielleicht gibt es auch noch andere Erklärungen?

Wir haben uns ja bislang meist für einen bestimmten Typus an Keepern entschieden, der u.a. über seine Größe bereits eine Präsenz an der Torlinie ausstrahlte. Die Frage, ob wir nach anderen Eigenschaften suchen sollten und vielleicht die geringere Größe durch andere Merkmale mehr als ausgeglichen werden kann, läßt sich deshalb gar nicht beantworten.

Allerdings sprechen manche Lebensläufe berühmter Keeper für sich. So durfte Jens Lehmann erst ab 16 Jahren ins Tor, weil er für seine Trainer auf dem Feld "zu gut" war! Die Aussage, dass jemand zu gut fürs Tor ist, treffen wir ja vielfach im Nachwuchsbereich an. Manuel Neuer sollte wegen seiner geringen Größe nach der D-Jugend aussortiert werden. Der spätere Profi-Trainer Manuel Baum (169 cm groß) spielte 6 Jahre lang in der Bayernliga.

Es gilt in regelmäßigen Abständen den Ist-Zustand zu beobachten, seine Schlüsse daraus zu ziehen. An den vorgenannten Beispielen wurden jedoch ungeprüfte Weisheiten übernommen. Manchmal ist es sogar so absurd, als dass man auch noch die Körpergröße und das Gewicht des Mannschaftsbetreuers als Qualitätsangaben für seine gute Arbeit anführt.

Statt die eigenen Vorurteile zu pflegen, sie sogar als endgültige Weisheiten zu hüten, gilt es stets mir großer Neugier nach beseren Chancen und Fähigkeiten zu suchen. Man sollte sich dabei jedoch hüten, irgendwelchen Hyp-Ideen kritiklos zu folgen, sondern sich seinen eigenen Reim daraus zu machen, um das wenige für sich zu nutzen, was brauchbar erscheint.

Ich denke, wir TW-Trainer tragen nicht nur Verantwortung, sondern haben dabei großen Respekt vor den Fähigkeiten unserer Kollegen. Denn meist sind wir Autodidakten Jeder weiß etwas, was der andere gern wissen würde. Darin sehe ich Chancen zur Weiterentwicklung - aber ein endliches Ziel kann und darf es dabei nicht geben!