Fast allen Profi-Trainern kostet es irgendwann den Job. Denn egal, was warum passiert, er trägt die Verantwortung.
Wir beobachten derzeit einen Übergang von Verbesserung durch (konstruktive) Kritik in (konstruktives) Lob. Wenn z.B. ein Keeper mehrfach gepatzt hat, dann kann ich ihm klar machen, dass das seinen Job kostet, wenns so weiterläuft. Aber das wird er selbst ganz genau wissen, weshalb ihm diese Kritik auf den zweiten Blick wenig bringt. Ja, sie kann (je nach Charaktertyp) zu Leistungsblockaden führen. Denn er wird aus einer übergroßen Angst vor Fehlern, seinen Kopf nicht frei bekommen und sich dann nicht in allen torentscheidenden Situationen mit voller Konzentration ans Werk gehen. Die meisten Profi-Keeper sind nach dem Spiel nicht kaputt von der körperlichen, sondern von der geistigen Anstrengung.
Macht es also einen Sinn, auf seinen Patzer draufzuhaun, wenn der sowieso schon mental am Boden ist? Ein Trainer "alter Schule" hätte vermutlich nach dem Motto: "was uns nicht umbringt macht uns härter" gemacht. Nur, was habe ich davon, einen Keeper, in den ich große Hoffnungen gesetzt habe, derart ins Abseits zu drängen, dass ich mich gleich wieder nach einem Neuen umschauen muß?
Antizyklisches Führen beschreibt die Form des "kontrollierten Lobes" des Trainers über seine Spieler. Wenn jemand Mist macht, dann erkenne ich rasch, ob er es selbst erkennt. Da brauche ich dann nicht noch extra die Keule schwingen. Dafür kann ich dann besser die Momente loben, in denen er stark war. Das hilft ihm in dieser Phase besser. Ist der Keeper mal über sich hinaus gewachsen, dass ist das der richtige Moment, um ihm zu erklären, dass er mit seinen Leistungen noch längst da angekommen ist, wo er sein könnte.
Doch im Unterschied zu früher, wo es Zuckerbrot und Peitsche als legitimes Führungsmittel gab, wird hier durch sehr fein dosiertes Lob entlang der Leistungssteigerung gearbeitet. Denn es wäre Zeitverschwendung nach einem verlorenen Spiel oder einem Patzer mit einem dicken Hals zum nächsten Training zu kommen. Du als Trainer hast es in der Hand deine Spieler mental so stark zu machen, dass sie sich jederzeit in eine "innere Meisterstimmung" versetzen können, in der sie fast unlösbare Aufgaben mit Bravour lösen.
Mentaltrainer und Sportpsychologen gehören bereits zum Alltag im Spitzensport.
Wie sehr die Fragen und Kommentare vieler Sportjournalisten die Profis nervt, bringt u.a. Oliver Baumann sehr gut auf den Punkt: "mir macht es teilweise keinen Spaß mehr Fußball im TV mit Kommentatoren anzuschauen" und fügt hinzu: statt sich über die schönen Tore zu freuen wird gleich mal reflexartig negativ geschaut, ob der Ball vielleicht haltbar war. (Kommentar: das sich dahinter Menschen verbergen, deren Leistung man schon deshalb nicht beurteilen kann, weil ihnen weder der Blickwinkel und zumeist auch die Fachkenntnisse dazu fehlen, wird gern übersehen)
Ich würde mir schon wünschen, dass ich nicht mehr zu der Ausnahme stellt, die sich auf die Seite der Torleute stellt. Mir macht es ganz einfach mehr Spaß die Keeper zu loben.