Leider ist zu Beginn dieser Saison wieder einmal deutlich geworden, dass das Vertrauen in junge, deutsche Torhüter nicht mehr wirklich da zu sein scheint.
Um es in Zahlen zu auszudrücken:

In der Bundesliga spielt derzeit ein Torwart der unter 25 Jahren alt ist (Florian Müller/ VFB Stuttgart). Dazu kommen drei Torhüter unter 25 Jahren die jeweils die Rolle der Nummer 2 inne haben (Köber/Hertha, Dahmen/Mainz, Ramaj/Frankfurt).

In der zweiten Bundesliga haben wir 2 Torhüter unter 25 Jahren die regelmäßig spielen (Buntic/Ingolstadt, Kastenmeier/Düsseldorf) und vie Torhüter die immerhin auf der Bank am Wochenende Platz nehmen dürfen (Oppermann/HSV, Klatte/Rostock, Behrens/Darmstadt, Smarsch/Pauli).

Im Unterhaus des deutschen Profifußballs haben immerhin 10 Torhüter U25 aus Deutschland en Posten der Nummer 1 und bekommen regelmäßig Spielpraxis.

3 Dinge zu dem Thema die mir in der Vorbereitung und während der ersten Pflichtspiele aufgefallen sind:

1. Bundesligisten (vor allem Auf-/Absteiger) ziehen selbst bei durchschnittlichen Torhütern keine junge Alternative in Betracht
Eine junge Alternative macht vor allem bei Vereinen Sinn die wenig finanzielle Mittel haben und auf junge Leute setzen. Ein schönes Beispiel wäre Greuther Fürth. Ich konnte mir vor der Saison vorstellen, dass hier ein junger Torhüter verpflichtet wird und auch das Vertrauen ausgesprochen bekommt. Zumal es etliche junge, motivierte Alternativen auf dem Markt gab, teilweise auch sehr günstig zu haben. Aber selbst bei solchen Vereinen bleibt man bei dem erfahrenen Torhüter mit vielen Spielen, bei dem man das Bundesliganiveau aber wohl zumindest in Frage stellen muss. Dasselbe auf Schalke: Wie man nach so einer Saison mit Ralf Fährmann nochmal verlängern konnte, dazu mit einem Gehalt von 1,3 Millionen Euro...ich muss nicht alles verstehen.

2. Kein echtes Vertrauen mehr
Es hatte mich am Anfang der Drittligasaison gefreut das in Halle Tim Schreiber den Vorzug vor Sven Müller bekommt. Gar nicht, weil ich Sven Müller das Niveau abspreche oder sonst etwas gegen Ihn habe, sondern einfach weil ich es eine mutige Entscheidung fand und es junge Torhüter gerade in dieser Liga braucht. Am vergangenen Wochenende war das dann aber auch schon wieder mit dem Vertrauen für Tim Schreiber und nach 3 Spielen hatte Sven Müller seinen Platz zurück. So baut man keine guten Nachwuchstorhüter auf, auch wenn die Begründung des Trainers, Sven Müller hätte super trainiert nicht für Tim Schreiber spricht.

3. Auf der zweiten Position wird fast überall auf Erfahrung gesetzt und die Jugend ist eher dem Geld als dem Einsatzanspruch hinterher
Wenn man sich Position des zweiten Torhüters in den Ligen anschaut fällt auf, dass häufiger auf Torhüter mit Erfahrung gesetzt wird. Standard ist mittlerweile eigentlich, dass die Nummer ein ein Torhüter im besten Alter ist (25-30), die Nummer zwei ein erfahrenerer Torhüter und dahinter ein junger Torhüter aus den eigenen Reihen. Bei Vereinen wie Dortmund und Bayern verstehe ich, dass man auf den Erfahrungsaspekt setzt. Warum allerdings Leverkusen hinter Hradecky (der ja selber mittlerweile auf die Fußballrente zugeht und die besten tage auch hinter sich hat) diese Saison jetzt noch einen völligen No-Name im Alter von 29 Jahren setzt erschließt sich mir persönlich genauso wenig wie die Tatsache, dass man anscheinend weder für Lennard Grill noch für Niklas Lomb einen Abnehmer findet. Was hier wohl zunehmend mit reinspielt ist meines Erachtens nach, dass diese jungen Spieler leider mit viel zu hoch datierten Verträgen ausgestattet werden, die nach einem oder zwei jähren Bank dann anschließend kein Zweitligaclub mehr zahlen möchte. Geld frisst frisst dann heute anscheinend oft Leistungs-/Einsatzanspruch.

4. Das Ausland macht es eigentlich gut vor
Im Ausland kann man sehr oft sehen, wie gut Rotationsspiele heutzutage funktionieren können. Ich fand es in der letzten Saison klasse, dass Jürgen Klopp einen Caiomhin Kelleher in der Liga und CL einsetzt, ohne anscheinend damit die Abwehr zu verunsichern oder eine Torhüterdiskussion zu eröffnen. In Deutschland haben wir weniger Wettbewerbe. dennoch, sieht man es kaum, dass ein Torhüter gerne auf den Pokal oder wie in Neuers fall ja anscheinend sogar auf Freundschaftsspiele verzichtet und die Jungen (oder auch Alten) mal zum Zug kommen. So nimmt man Ihnen leider die Chance auf kleiner Bühne Erfahrungen zu sammeln.

5. Die jungen überzeugen letztendlich nicht
Auch wenn die Manager, Sportdirektoren, Trainer und Spielerberater in Interviews gerne begeistert von unseren Nachwuchstorhütern reden, letztendlich versinken Sie aktuell alle in der Bedeutungslosigkeit. Aktuelles Beispiel: Christian Früchtl. Schon unter Pep Guardiola hochgefeiert, dann eigentlich auch in der 3. Liga solide gespielt sich entwickelt, letztendlich es in der 2. Liga aber schon nicht mehr geschafft weiterzukommen und jetzt irgendwie ein bisschen in der Luft hängend, weil die Perspektive bei Bayern München verpufft ist. Leider in der Gesamtheit kein Einzelfall. Mut macht mir hier aktuell, dass es in Stefan Ortega dann doch einen gibt, welcher zeigt, dass man auch spät auf der großen Bühne durchstarten kann und dann auch noch in der Bundesliga überzeugen kann.

Ich könnte hier sicherlich noch ein bis zwei weitere Punkte aufzählen, aber belasse es erstmal. Ich hoffe das ich mit meinen Punkten ein bisschen Diskussionsstoff beitragen kann. Mich würde folgendes interessieren: Wie seht Ihr die aktuelle Lage der deutschen Nachwuchstorhüter? Wo stimmt Ihr mir zu oder seid ganz anderer Meinung? Wer ist für euch aktuell das verheißungsvollste Talent?

PS: Was für ein Talent in Deutschland immer noch schlummert sieht man hier:
https://www.youtube.com/watch?v=2MA4unK8qZU
Wahnsinn wie Niklas Sauter mit gerade mal 18 da so ein Spiel aus dem Nichts macht.