Weil es nicht funktioniert. Fußball ist nicht statisch genug, es ist zu chaotisch. Zieh mal den Vergleich zum American Football. Dort hat man die Spezialisierung auf die Spitze getrieben. Es gibt für jede Spielsituation Spezialisten. Das Spiel ist statisch. Klar, kann schon passieren, dass deine Abwehrspezialisten mal einen Angriff laufen müssen, aber höchstens bis zur nächsten Unterbrechung. Und die kommt garantiert innerhalb der nächsten 10 Sekunden. Dann schickst du wieder deine Angreifer aufs Feld.
Unser Fußball hat diese Unterbrechungen nicht. Innerhalb von wenigen Augenblicken ändert sich die taktische Ausrichtung und damit die Aufgaben eines jeden Spielers. Mal von Barca oder Bayern abgesehen, wenn sie gegen das Ligafallobst spielen, haben alle Mannschaften abwechselnde Phasen der Dominanz oder der Defensive. Die Bundesliga ist da zwar nochmals ein Spezialfall, weil da niemand Fußball spielen will außer Bayern und mit Abstrichen noch der BVB, aber das wollen wir jetzt erstmal ignorieren.
Also du kannst gar nicht vor dem Spiel wissen, was von deinem Keeper gefordert wird. Obwohl doch, kannst du schon. Denn egal wie dominant du bist, egal wie sehr du den Ballbesitz perfektioniert hast, irgendwann wird der Gegner den Torwart zu einer klassischen Ballabwehr zwingen. Das mag bei einer Spitzenmannschaft seltener vorkommen, als bei der Schießbude der Liga, aber es entscheidet auch da die Spiele.
Oder mal als Beispiel die Bayern genommen. Neuer ist sicherlich fußballerisch kein schlechter. Er kann mit dem Ball umgehen. Aber, deine Idee mal ernst genommen, warum sollte ich einen Neuer ins Tor stellen? Fußballerisch ist er deutlich schlechter als fast alle anderen Spieler im Kader. Dann stell ich mir doch lieber Hummels, Süle, Boateng, Martinez oder Alaba in die Bude. Und für Spiele, bei denen ich defensiver agiere, also ab Champions League Viertelfinale kauf ich mir dann doch besser einen Keeper, der stärker auf der Linie ist als Neuer. Zumindest wenn ich deiner Argumentation mal bis zum Ende folge.
@WM 2006: Das Ding hat taktisch Klinsmann/Löw verloren. Die haben nicht erkannt, dass Italien umgestellt hat zum Ende des Spiels hin, weg vom 4-4-1-1 hin zu einem 4-2-1-3. Da brauch man über den Torhüter nicht reden.
Kahn von 2002 hätte den Ball sicher gehabt, Kahn von 2006 eher nicht. Zumindest der Erste. Der war schon gut getroffen.
Es gehört für mich zu den Fähigkeiten eines guten Torwarttrainers, dass er Schüsse aus kurzer und mittlerer Distanz beidfüssig so gut hinbekommt, als dass der Keeper genau die Anforderungen bekommt, die er als Vorbereitung für sein Spiel braucht.
Wieso beidfüssig? Für den Torwart ist echte Beidfüssigkeit ja schon vernachlässigbar bzw. benötigt zu viel Zeit zu trainieren, die man für wichtigere Sachen braucht. Warum soll der Torwarttrainer das können? Selbst die meisten Feldspieler benötigen das nicht.