Was einen Bundesliga-Keeper qualifiziert oder abqualifiziert, das ist sicher mindestens eines Masterarbeit wert und selbst dann lediglich eine Näherung, weil sich die Torwartaufgaben insbesondere im taktischen Bereich in den letzten 5 Jahren stark verändert haben. Man erwartet einen Keeper mit überragendem Stellungsspiel, sehr guter Torlinienpräsenz und im wachsenden Maße auch fussballerischer Fähigkeiten. Ein Keeper dieser Qualität gestaltet ein Spiel mit, während ein Top-Keeper Spiele für sein entscheiden kann.

Wie aber wird aus einem Talent ein Profi? Dazu ist mir ein Satz besonders in Erinnerung geblieben, der da lautet: "Es gab in meiner Jugend viele Spieler mit mehr Talent, aber ich habe mich durchgesetzt"! Liegt also der mögliche "Durchbruch" als Profi weitaus mehr in der Psyche als in der vermeintlichen Physis? Benötigt ein erfolgreicher Keeper deshalb eher einen sehr guten Psychoanlalytiker an seiner Seite als einen Torwart-, Athletik und Mannschaftstrainer? Schwer zu sagen, welcher der Faktoren Talent, Fleiß oder Glück maßgeblich ist? Schwierig bis scheinbar unmöglich ist es jedoch es ohne einen der 3 Faktoren bis nach ganz oben zu schaffen.

Aber vielleicht bringt uns die Frage, was beim Wechsel vom Jugendbereich in den Seniorenbereich an Veränderungen passiert, ja weiter? Denn häufig wechselt man den Wohnort, bekommt neue Freunde, bildet und festigt seine eigene Meinung zu wichtigen Dingen des Lebens. Viele Menschen ändern den in dieser Zeit erworbenen Musikgeschmack ein Leben lang nicht. Was das ganze mit einem Profi-Torwart zu tun hat? Nun, ich denke genauso viel wie mit jedem anderen Beruf. Wer erinert sich da nicht an die Einser-Kandidaten in seiner Klasse, aus denen im Berufsleben nichts vernünftiges geworden ist. Andererseits waren da echt nette Kumpels mit tollen Charakteren, die den Steißtrommelern jedoch ein Dorn im Auge waren, weil sie ihre pädagogischen Lehrweisheiten einfach nicht befolgen wollten, sondern lieber ihre eigenen Wege gingen.

Wer erwachsen wird, der sollte eine Vorstellung von seinem eigenen Leben haben. Das Problem dabei ist jedoch, dass sich bereits die NLZ vieler Profivereine sich um den Alltag ihrer Talente intensiv kümmern und ihnen somit die Entscheidungen "normaler Menschen" abnehmen. Darin sehe ich einen wesentlichen Hauptgrund, warum ein junger Spieler, der eine relativ normale Leistungsschwankung durchlebt, kaum aus eigener Kraft wieder auf die Füße kommt, wenn ihm seine "Alltagshelfer", die sich jetzt um andere Talente, die seinen Platz aktuell eingenommen haben, kümmern müssen.

Entscheidende Faktoren sind die Intransparenz der Vereine sowie der Spielerberater, die lediglich ihre persönlichen Interessen in den Vordergrund stellen. Denn man ist zu einer Ware und zu einem Spekulationsobjekt geworden, bei dem viel Geld zu verdienen und manchmal auch zu verlieren ist. Welcher junge Mensch findet sich in diesem Haifischbecken schon gut zureckt? Eltern möchten sich gern über ihr Kind definieren, weshalb die Entscheidungsträger in den Vereinen ihnen meist nur das sagen, was sie besonders gern hören. Selbst beim Mißerfolg wird getröstet und erst, wenn der nervöse Daumen nach unten zeigt, geht es steil in der Karriereleiter des jungen Erwachsenen bergab.

Sich selbst helfen zu können, setzt also ein Wollen zu Lösung aller wichtigen Fragen seines Lebens unabdingbar voraus. Wer sein Glück in die Hände legt, der hat eigentlich schon verloren, weil sie ihm lediglich im Erfolgsfalle zur Seite stehen. Doch gerade dann, wenn es mal nicht so gut klappt, braucht es Freunde!

Versucht euch einfach mal in die Lage so eines jungen, hochgehandelten Talents hinein zu versetzen, der bereits in eine aussergewöhnliche Karriere gestartet ist. Glaubt ihr, es wird sich viel mit seinen Schwächen auseinander setzen, wenn es ringsherum nur etwas von seinen Stärken hört? Ohne ein gut funktionierendes soziales Umfeld, gepaart mit einem unbändigen Fleiß und mit Glück verschont von schweren Verletzungen ist es da verdammt schwer, den großen Sprung vom Junioren- in den Seniorenbereich zu schaffen.

Deshalb würde ich mir wünschen, wenn bereits bei der Aufnahme junger Talente in ein NLZ Tacheles geredet wird, dass es schwer bis fast unmöglich ist, einmal Profi zu werden und dass es zunächst einmal darauf ankommt, alle außergewöhnlichen Erlebnisse als etwas Besonders mitzunehmen, um schrittweise zu begreifen und zu lernen, dass nicht andere, sondern man nur sich selbst weiterentwickeln kann. Sonst kann es passieren, dass man bereits verkauft wurde noch bevor man verstanden hat, dass man nur eingekauft wurde.