Mir hat es echt gut getan, das Buch zu lesen. Diese Komplexität zwischen Alltag, Profifußball und Depression ist wirklich erdrückend. Nach Enkes Tod habe ich mir häufig die Fragen gestellt, ob man nicht etwas hätte anders machen können bzw. wie man diese Tragödie hätte verhindern können. Doch nun kann ich diese Fragen nicht mehr stellen. Meine Antworten, die ich mir auf diese Fragen selbst gegeben habe, scheinen nun - da ich zumindest einen Teil der komplexen Verstrickungen kenne - völlig naiv und dumm zu sein. Simple Lösungen wie z. B. das Beenden der Karriere oder der Wechsel zu einem weniger im Rampenlicht stehenden Verein hätten nichts bewirkt. Das ist einerseits eine Erklärung für viele Ungereimtheiten, doch andererseits auch sehr grausam.
Es ist interessant, dass der Ursprung von Enkes Ängsten und damit eventuell auch für seine Depression bereits auf seine späte Jugendzeit zurückzuführen ist. Und wenn ich ehrlich bin: Ich kann ihn irgendwie verstehen, mich plagten und plagen ähnliche Ängste. Und so geht es sicherlich auch sehr vielen anderen Torhüter, die sich selbst am meisten Druck machen. Damit umzugehen ist nicht einfach. Doch dieses Buch lässt einige Dinge aus einem anderen Blickwinkel erscheinen. Schon zu Beginn von Enkes Profizeit wird deutlich, dass es ihm am besten ging, solange er die Nummer 2 war. Die Nummer 2, "die keinen interessiert und von der keiner etwas erwartet". So ist es im Buch formuliert und ich finde das treffend. Vielleicht sollten wir alle damit anfangen, umzudenken. Viele von uns verkrampfen, weil sie "nur" Nummer 2 sind. Das Streben danach, Nummer 1 zu sein, ist zwar schön und gut, macht viele von uns aber auch kaputt. Man muss einsehen, dass nicht jeder für diesen Druck gemacht ist. Einige stecken ihn gut weg, andere zerbrechen daran. Warum also danach streben, sich selbst kaputt zu machen? In diesem Zusammenhang fallen mir immer wieder Steffens Worte ein: Auch als Nummer 2 kann man glücklich sein, wenn man diese Rolle annimmt. Vielleicht sogar glücklicker als jemand, der Woche für Woche einem extremen Druck ausgesetzt ist.
Dieses Buch gibt so viele Anregungen zum Nachdenken. Sollte uns das Fußballspielen so viel Wert sein, dass wir uns davon kaputt machen lassen? Gibt es nicht weitaus wichtigere und schönere Dinge im Leben? Robert Enke hat sich diese Fragen selbst häufig gestellt und war sich wohl darüber bewusst, dass Fußball nicht alles ist. Aber er war Profisportler, das Fußballspielen war sein Beruf. Wir sind hingegen Amateure, sind nicht auf das Fußballspielen angewiesen. Warum sollten wir uns also vom Fußball kaputt machen lassen? Ist es nicht eher sinnvoller, einige Dinge mit etwas mehr Distanz zu betrachten? Einfach mal zu lächeln und über die eigenen Erwartungen hinweg zu sehen. Das ist nicht einfach, doch dieses Buch hat zumindest mir dabei geholfen, einige Dinge anders zu sehen. Spaß ist das Wichtigste. Und auch Robert Enke blühte auf, wenn er mit seinen Mitspielern lachen konnte. Wenn er nicht ständig an den Leistungsdruck erinnert wurde. Warum also danach streben, so hoch wie möglich zu spielen? Wie gesagt, wir sind nicht darauf angewiesen, denn für uns ist das Fußballspielen ein Hobby. Ich persönlich wurde durch das Buch in meinem Vorhaben bestärkt, zukünftig nur noch Wert darauf zu legen, dass mir das Fußballspielen Spaß macht. Denn den Spaß an einem Hobby kann nichts ersetzen. Kein Geld und auch nicht das Spielen in einer hohen Liga. Wie gesagt, viele Anregungen zum Nachdenken...