@Marsson
Ja, es kommt in Ausnahmefällen schon mal vor, dass ein richtig gutes Talent ins Tor darf!
Aber im Regelfall heißt es: "der ist zu stark auf dem Feld ... der darf nicht ins Tor ..."!
Von der Vorstellung, dass der "dicke Paule" die ideale Torbesetzung ist, können sich viele Trainer nicht lösen. Man ist sich dabei besonders sicher, weil der ohnehin keine andere Wahl hat in die Mannschaft zu kommen. Außerdem hat man die Erfahrung, dass später sowieso stärkere Keeper kommen werden.
Allerdings muß dabei festgestellt werden, dass selbst die talentierten Keeper sich deshalb häufig nur unzureichend weiterentwickeln, weil sie im Gegensatz zu ihren Kollegen auf dem Feld kein qualitativ hochwertiges Training bekommen. Das gibt es, wenn überhaupt nur in den NLZ! Auf dem DFB-Stützpunkt gibt`s das mehrheitlich noch nicht. Aufgrund des Reformstau`s dort hat man sich noch nicht einmal auf Selektionsmerkmale für den Torwart einigen können. Aber das soll wie niemand daran hindern, sich schon mal Torhüter auszusuchen
Hinzu kommt, dass eine sehr frühe Vergabe des Stammplatzes auf der Torwartposition fast nur Nachteile hat. Denn das Mitspielen erlernt man in diesem Altersbereich sehr viel besser auf dem Feld als auf der Torlinie. Die Keeper sollen sich meist nach dem Willen ihrer Trainer an der Torlinie aufhalten, damit kein hoher Ball ins Netz geht. Der Trainer kennt fast immer nur die Abwehraktion mit lang ausgestreckten Armen. Je nach Altersgruppe erwartet er ein abklatschen oder fangen.
Es braucht hier sicherlich noch kein Torwarttraining. Dazu sind die Konzentrationsphasen noch zu kurz. Allerdings kann man 10 Minuten lang Torwartübungen mit allen Teilnehmern alle 14 Tage ins Mannschaftstraining integrieren. Das hat den Vorteil, dass man gefahrlos jeden, der möchte, ins Tor stellen kann. Daraus wird sich ein Kreis von Teilnehmern mit der Zeit bilden, die über den Spaß an den Torwartaufgaben mit mehr Eigenmotivation die Neugier befriedigen möchte, sodass hier eine besondere Förderung lohnenswert wäre.
Wenn man denn den Nachwuchsbereich reformieren möchte, dann wäre es mein Wunsch, erst nach einer sehr breit aufgestellten Ausbildung mit wechselnder Aufgabenverteilung mit einer Positionsausbildung zu beginnen. Damit einher gehend sehe ich frühen Leistungsdruck zur Erzwingung höherer Leistungen fast immer als kontraproduktiv. Denn wer wird etwas riskieren, um über sich hinaus zu wachsen, wenn ihm jeder Fehler angekreidet wird? Im unteren Jugendbereich sollte in einer angstfreien Umgebung die Möglichkeit geschaffen werden den Fussball kennenzulernen, um darin eine Leidenschaft entwickeln zu können.
Natürlich wollen sie Kinder dabei messen! Allerdings geht es ihnen dabei nicht darum, den Gegner niederzukämpfen und durch einen Sieg vernichtend zu schlagen (wie man dies aus der Sportberichterstattung so kennt), sondern dabei spielerisch möglichst viel an Erfahrungen mitzunehmen.
Dem entgegen steht jedoch eine von Erwachsenen geführte Kommerzialisierung des Kinderfussballs, der auch an den jungen Torwarttalenten nicht vorbei führt. Man möchte aus der Quantität vorhandener Talente eine Qualität an kapitalisierbarer Masse schaffen, durch die im Jugendbereich einerseits das Image gepflegt wird, andererseits NLZ-Budget amortisiert wird.
Da kommen schon 11-jährige mit Beratern, weil es nirgendwo eine neutrale Beratung gibt. Sie verlangen 10 % Provision von den 250 -300,- monatlichem Taschengeld (was bereits die Fahrtkosten zum Training und den Spielen enthält)! Aber niemand nennt es Geschäft!
Wir sind es selbst, die die Eskalationsschraube immer schneller drehen. Statt wie in der Schule den Kindern zunächst unterschiedliche Aufgaben zu geben, findet bereits früh eine Positionsausbildung statt. Hierbei wird stets davon ausgegangen, dass die Eignunung auch den Neigungen des Kindes entspricht.
Es treffen auf dem Fussballplatz 2 Welten aufeinander, die nicht immer harmonieren. Der Trainer, der seine Erfahrungen aus dem Seniorenbereich in den Kinderfussball überträgt und die Kinder, die einfach spielen wollen. Wenn dann Ergebnisfussball auf Erlebnisfussball trifft, dann kann es sogar man nach einem Schiedsrichterpfiff vorkommen, dass ein Kind meint: "Schiedsrichter, das war kein Aus". Wenn dann der Schiedsrichter entgegnet: "wer meckert, kann bestraft werden", kann ih die Antwort: "aber wir haben in Deutschland doch Meinungsfreiheit" ungeahnt in Erklärungsnotstand bringen. Wer fragt sich schon, wie Kinder denken?