Berichte zum Torwarttraining
So gestern war es soweit. Die beiden A-Jugend Torhüter hatten das erste richtige Training unter mir.
Wir haben daher nach dem Aufwärmen mit der Mannschaft und lockerem Dehnen mit etwas Bauchmuskulaturtraining angefangen und hatten viel Spaß dabei. Wir sind mit dem Medizinball nach dieser Übung auf das Tor gegangen und haben etwas für Sprungkraft, Arme und Schultern gemacht. Dann haben wir etwas für den Rücken gemacht, und dann sind wir zu den Technischen Übungen gekommen, bevor hier das Training abgebrochen werden mußte.
Auch zwei C-Jugendliche waren dabei, doch der Leistungsunterschied zwischen den beiden A Jugend Keepern und den C Jugend Torhütern ist imposant.
Beim Schußtraining konnte ich dann feststellen, wo die Torhüter die Schwächen haben.
Mark (Name durch die Redaktion geändert ;) ) ist der ruhige Typ, besonnen und charakterstark, aber eben oft nicht aggressiv genug. Technische Schwächen sind hier auf der linken Seite und natürlich im Hechten zu finden. Auch beim normalen Fangen im Umarmungsgriff muß man noch etwas arbeiten.
Bei Andreas (Name ebenfalls geändert) ist es etwas anders. Er wirkt nervös, oft etwas hektisch, ist aber technisch verdammt erfahren und gut.
Leider offenbaren sich seine Schwächen darin, im Zuge seiner Hektik einfach über zu reagieren und dann ggf. sich selbst den Ball schwer zu machen. Auch bei flachen Bällen ins lange Toreck fehlt die korrekte Technik und beim Hechten ist das Übergreifen bei Beiden noch nicht verinnerlicht.
Eine Menge Arbeit, doch ich würde es gern übernehmen. Falls mich der Trainer der Jugend läßt, dann werde ich hier immer mal wieder erklären, was ich mache, um eben die Beiden Diamanten zu Brillanten zu polieren UND diese ggf. für höhere Aufgaben und bessere Trainer vorzubereiten.
Mentales Training von Bewegungsabläufen
Die Psychologie kennt zwei Arten des nichtkörperliches Trainings zum Erlernen von Bewegungsabläufen und deren Automatisierung. Ich weise gleich zu Beginn darauf hin, dass diese Trainingsmethoden, lediglich der Unterstützung des körperlichen Trainings dienen und alleine nicht ausreichend sein, Techniken zu erlernen und zu automatisieren. Die Arbeit auf dem Platz wird damit unterstützt, aber nicht ersetzt.
Mentales Training ist die direkte Ansprache der Einflüsse psychischer Prozesse auf die Bewegung. Es erfolgt eine systematische und intensive gedankliche Vorstellung eines Bewegungsablaufs mit dem Ziel seiner Verbesserung, ohne dass die Bewegung praktisch ausgeführt wird (Definition nach Eberspächer). Im Allgemeinen werden dabei drei verschiedene Methoden angewandt.
Am bekanntesten dürfte die "Kopfkino-Variante" sein, die fachlich als "verdecktes Wahrnehmungstraining" bezeichnet wird. Dabei betrachtet man sozusagen einen Film über den Bewegungsablauf, den man verbessern möchte. Bei dieser Trainingsform beobachtet man sich so von außen, als wenn man sich im Fernsehen bei der perfekten Ausführung des Bewegungsablaufes sehen würde. Diese Methode ist relativ einfach durchzuführen und setzt eigentlich nur das Wissen voraus, wie ein perfekter technischer Ablauf der zu trainierenden Technik aussieht. Diese Abläufe kann man sich relativ einfach bei jemandem abschauen oder einem Torwart-Lehrfilm entnehmen. Wer diese Grundtechnik kennt, der kann mittels der sogenannten "Zeitprogression", den Trainingseffekt steigern. Dabei wird der Bewegungsablauf rückwärts und quasi in Zeitlupe ablaufen gelassen. Der Vorteil dieser Variante liegt darin, dass man am Ziel (nämlich dem Ende des Bewegungsablaufes) beginnt und es für die Umsetzung einer Bewegung einfacher ist, wenn man das Ziel innerlich bereits erreicht hat. Bei sehr komplexen Bewegungsabläufen, z.B. Übergeiftechnik, empfiehlt es sich den Gesamtablauf in einzelne Phasen aufzuteilen, diese einzeln zu betrachten und erst, wenn die einzelnen Phasen beherrscht werden, zur Gesamtbewegung zusammenzufügen. Die Abgrenzung zwischen den einzelnen Phasen werden deshalb auch als Knotenpunkte bezeichnet und spielen bei anderen Formen des mentalen Trainings eine grosse Rolle.
Beim subvokalen Training sagt man sich den Bewegungsablauf als Selbstgespräch vor. Wie dies konkret aussehen kann, will ich mal am Beispiel der Technik des Tauchens nach links zeigen. "Mein linker Fuss geht nach rechts vorne. Mein rechtes Bein knickt im Knie ein. Mein Gesäss geht nach unten. Ich kippe in der Hüfte nach links...." Diese Technik lässt sich idealerweise dann einsetzen, wenn ihr nur eine schriftliche Beschreibung der richtigen Technik besitzt (z.B. aus einem Beitrag von Steffen). Setzt die Beschreibung der einzelnen Bewegungen mit euren eigenen Worten um, wobei es besonders wichtig ist, dass eure Sätze immer mit ich beginnen; diese Sätze könnt ihr aufschreiben und euch immer wieder selbst vorlesen, bis ihr sie auswendig könnt. Idealerweise könnt ihr euch dieses Selbstgespräch auf eine CD aufnehmen und immer wieder anhören. Das subvokale Training steht und fällt mit der Aufschlüsselung der Technik in die einzelnen Sätze. Hier müsst ihr wirklich aufpassen, dass sich keine Fehler einschleichen, da ihr sonst eine fehlerhafte Technik verinnerlicht. Achtung, im Gegensatz zur Kopfkino-Variante solltet ihr hier keine Rückwärtsabläufe der Technik durchführen, da sprachlich ausgelöste Vorstellungen vom Gehirn anderst verarbeitet werden als bildliche Vorstellungen.
Beim ideomotorischen Training, der "Meisterstufe" des Mentalen Trainings, betrachtet man intensiv die Innenperspektive einer Bewegung, d. h., man stellt sich genau vor, wie sich die Bewegungsausführung anfühlt und wo die Knotenpunkte des Bewegungsablaufs liegen. Diese Knotenpunkte versieht man dann mit einem persönlichen kinästhetischen (= über die Bewegungsempfindung wahrgenommen) Kurzcode, so dass das mentale Durchführen der Bewegungshandlung zeitlich mit der optimalen praktischen Ausführung übereinstimmt. Was sich zunächst kompliziert anhört, sieht in der Praxis so aus, dass man dem Gefühl das man während den einzelnen Phasen eines Bewegungsablaufes wahrnimmt, kurze Signalwörter bzw. -laute gedanklich zuordnet. Bei der Technik des Tauchens wäre das zum Beispiel: Phase 1 = die komplette Abknickbewegung bekommt ein "Ru" (von Runter) zugeordnet; Phase 2 = die Weiterbewegung mit dem Griff zum Ball bekommt ein "Ba" (von Ball) zugeordnet; Phase 3 = das Abrollen und Sichern des Balles bekommt ein "Ro" (von Rollen) zugeordnet. Mit dem Kurzcode "Ru-Ba-Ro" ist nun der komplette Bewegungsablauf erfasst und den entsprechenden Bewegungswahrnehmungsgefühlen zugeordnet; gleichzeitig ist der Gesamtcode kurz genug, um der Bewegung zugeordnet werden zu können, wenn sie in der Realität im Spiel ausgeführt werden muss. Das ist der grosse Unterschied zwischen dieser Form des Mentaltrainings und den zuvor geschilderten: Diese Technik wird nicht nur zum Erlernen einer Technik eingesetzt, sondern kommt darüber hinaus im Wettkampf zum Einsatz. Sie wird vielfach in den technischen Disziplinen der Leichtathletik, Z.B Diskus- oder Speerwerfen eingesetzt. Ein Teil der Athleten schreien ihren persönlichen kinästethischen Kurzcode sogar bei der Ausführung hinaus.
Diese Technik ist sicherlich die komplizierteste und sollte auch nur dann eingesetzt werden, wenn die Bewegungsabläufe bereits 100% ig verinnerlicht sind. Diese Technik dient der Leistungssteigerung und nicht dem Erlernen eines Bewegungsablaufes. Ihre Vorteile liegen in der Automatisierung einer bereits erlernten Technik.
Vielleicht ist jemandem aufgefallen, dass diese drei Methoden genau mit den drei verschiedenen Lerntypen von Menschen übereinstimmen; da unterscheidet man nämlich den visuellen, den auditiven und den kinästhetischen Lerntyp. Also es ist für jden was dabei.
Das observative Training sei hier nur der Vollständigkeit halber kurz erklärt, da es im Regelfall nur in einem professionellem Umfeld ausgeführt werden kann.
Beim observativen Training wird durch die Beobachtung sogenannter "guter Modelle" gelernt. Dieses Beispiel dient dann als Vorbild für eine Sollwert-Bestimmung des zu erlernenden Bewegungsablaufs.
Geeignete Modellbeispiele für diese Phase sind beispielsweise technisch starke Torhüter, Lehrfilme, wobei die Präsentation mit begleitenden Kommentaren des Trainers verbunden wird. Dieser kann dann die Aufmerksamkeit auf wichtige Teilaspekte der Bewegungsausführung lenken, die einzeln herausgearbeitet werden sollten.Als Istwert-Rückmeldung ist dann die Videoanalyse der eigenen Bewegungsausführung zweckmäßig, wobei bei der Auswertung vor allen Dingen auf die korrekte Ausführung der Knotenpunkte geachtet wird. Diese Istwert-Analyse ist wichtig, da das eigentliche Observative Training sonst nur eine reine Konzentrationsübung darstellt, ohne dass eine Technikverbesserung erreicht wird.
Das Ziel des Observativen Trainings wird also schrittweise durch (a) Sollwertvorgabe, (b) eigene Durchführung und (c) Istwert-Rückmeldung erreicht.
Falls sich jemand für mentales Training interessiert, so sei ihm gesagt, dass auch hier regelmässiges Üben gefragt ist, um einen optimalen Effekt zu erreichen. Macht das nicht unbedingt unmitelbar vor dem Training; ihr findet sicher auch so 10 Minuten Zeit am Tag.
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