Nun, gießen wir mal Öl ins Feuer.
Wenn dem so wäre, wären bestimmte Reaktionsübungen schlicht verboten, denn der Tw steht mit dem Rücken zum Tor. Das ist nicht spiel- und damit praxisbezogen, ein No Go. Trotzdem wird es gemacht, immer und immer wieder.
Warum also macht man es dort und läßt es anders nicht zu?
Wir haben schon mal diese unsägliche Dogmen Diskussion und ich denke, hier gehört das rein. Hans Leitert hat immer gesagt, Du musst das immer in Relation sehen. Sprich entsteht daraus eine unmittelbare Gefahr, oder nicht. Ist erstes der Fall, musst Du es abstellen, ist es nicht der Fall, kannst Du es laufen lassen.
Doch auf Hans Leitert hört doch kaum einer, denn wir haben ja "Zonenspiel" und so einen Kram, da muss man ja nicht mehr.
Ich denke, wir können hier mal einem Spezialisten des Torwartspiels zuhören... wir können nun argumentieren: "Der ist ja nicht mehr in Amt und Würden!" oder "Das ist ja hoffnungslos veraltet!"
Nunja, vielleicht kann man so argumentieren, wenn man nicht hinhören will, ich finde immer, man darf den Argumenten mal zuhören und dann prüfen, ob diese zutreffend sind oder nicht - und ich glaube, diese sind extrem zutreffend und schon deshalb verlieren diese nichts an Aktualität
Eberhard Trautner bricht mit einem Dogma (2009)
Für die weiteren Argumente, also das mit dem Rücken zudrehen, habe ich ein Video, welches man mal hochpräzise stoppen könnte, muss man aber gar nicht. Denn das Video zeigt schlicht, daß ich nicht Teufel und Belzebub vergleichen darf.
Wir haben hier den ehemaligen Nationaltorhüter Andreas Köpke, heute Bundestorwarttrainer. Wir sehen diesem beim Training, wir sehen auch den 2. Mann hinter seinen Nürnberger Zeiten - Kurt Kowarz - der Mann der übnrigens damals Manuel Neuer in der Juniorenmannschaft als National-Torwarttrainer begleitete und trainierte, und mit Ihm den Titel holte.
Beide sind hier aktive Torleute. Wir sehen ein typisches Training in Doppelball- oder Ballserien. Für damals typisch und gern gemacht.
Wir sehen: Richtungsgebundene Übungen, beide Torleute rollen über die Schulter ab, um sofort mit dem Schwung zu wenden und aufzustehen, damit ist Richtungswechsel und Aufstehen zu einer flüssigen Bewegung verschmolzen, ideal für diesen Fall. Schneller gaht es einfach nicht, denn ich weiß wohin der nächste Ball kommt und kann daher durch diese Aktion kraftsparend und schnell aufstehen. Punkt.
Ja, aber... nix aber, ist so.
Verfolgt man das Video weiter, dann... verflixt, sieht man die spanische Wende, aber auch, daß die Torleute damit zwar schnell sind und eigentlich nie den Blick vom Ballservierenden Trainer, bzw. Spielfeld abwenden, aber das Aufstehen wirkt nicht immer harmonisch, bisweilen findet es nur rudimentär statt. Schnelle Richtungswechsel, geht, aber schnell auf den Füssen sind diese Torleute damit auch nicht, jedenfalls nicht schneller als mit Rollen. Und der Vorteil? Nunja, man hat den Ball wenigstens kommen sehen
Kurt Kowarz und Andreas Köpke - Ballserien mit Wenden und Aufstehen
Video angeschaut? Nein?
Hier nochmals:
Kurt Kowarz und Andreas Köpke - Ballserien mit Wenden und Aufstehen
Also, was dauert den länger?
Wir haben es übrigens bei unserem Video zu diesem Thema mal die Frames ausgemessen, denn bei einer Aufnahmerate von 25 Frames pro Sekunde entspricht ein Frame einer Zeitspanne von 0,04 Sekunden. 40 Milisekunden sind daher ein Frame, 0,04 Sekunden, bitte mal nachdenken, das sind nicht mal ein Hundestes, sondern knapp die Hälfte eines Hunderstels...
Somit können wir gut bestimmen, wie schnell der Torwart wieder auf den Beinen ist.
Also, zum Nachmessen:
Wenden und Aufstehen - virtuelles Torwarttraining
Ab 09:18 Frame 5 geht es los. Der Torwart hat beide Hände am Ball - 23 Frames später, also knapp 0,8 Sekunden später hat der Torwart den Richtungswechsel vollzogen und beginnt die Bewegung in die Gegenrichtung.
09:26 Frame 3 - beide Hände am Ball - 22 Frames später, also erneut 0,75 bis 0,8 Sekunden später erfolgt der Start in Gegenrichtung.
"Spanische Wende"
09:45 Frame 21 - die Hand am Ball, das Wenden beginnt - 22 Frames später ist die Wende abgeschlossen, der Torwart aber immer noch in Rücklage ohne Möglichkeiten klar zum Ball agieren zu können.
09:53 Frame 17 - Beide Hände am Ball, 27 Frames später ist die Wende vollzogen, aber auch hier, der Torwart ist noch in Rücklage ohne Möglichkeiten eines klaren Abdrucks oder Auftakts.
Also, es bleibt bei 0,8 Sekunden bis zum Wenden, aber der Torwart ist dann noch nicht aufgestanden!!! Das Aufstehen muss in beiden Fällen noch erfolgen und kostet dann erneut Zeit.
Jetzt die "Wippe":
08:40 Frame 25 - Beide Hände am Ball - 32 Frames später, also 1,2 - 1,3 Sekunden später erst sind beide Beide auf dem Boden, aber das Gesäss immer noch am Boden.
08:56 Frame 0 - Beide Hände wieder am Ball, das Aufstehen beginnt, 28 Frames später ist der Kniestand fast erreicht, auch hier 1,1 Sekunden bist das Aufstehen eingeleitet ist, oder eine Folgeaktion eingeleitet werden könnte.
Jetzt müssen wir in Betracht ziehen, daß wir ja drei Bewegungen vergleichen. Welche ist also die Beste? Bestimmt keine davon, die schnellste gibt es auch nicht, denn wenn ich Rolle und habe einen Doppelball in die gleiche Richtung, ist der Richtungswechsel Blödsinn und das erneute drehen des Körpers kostet Zeit.
Angenommen wir brechen alles mal runter, dann ist kein Zeitgewinn, aber auch kein Zeitverlust messbar.
Aber nur dann, wenn wir nicht wie Tim Wiese zwei bis dreimal über die Körperachse abrollen.
Wobei: Kläre ich den Ball zur Ecke - ist das definitiv auch nicht von Belang... Wann zählt also die Zeit? Richtig, nur bei Nachschusssituationen.
Und dann ist die Frage, ob mein Torwart dann auch abollt... Wie im Köpke Video zu sehen, tut er das nur bei bestimmten Situationen, darf er den Blick nicht abwenden, wird eine andere Technik verwendet.
Und schon sind wir wieder bei "meiner" Grundhaltung: Nicht verbieten, nicht beschränken, sondern aktiv eine Vielzahl von Bewegungsmustern trainieren.
Doch scheinbar ist das Verbieten und Beschränken gerade "in"...
Oha. Jaein!
Das kannst Du nicht verallgemeinern. Schau mal, im Judo kennt man drei fundamentale Falltechniken, in den höheren Stufen sind es 6, eigentlich 7...
Das liegt daran, daß Du nicht immer rollen kannst oder nicht immer fallen kannst. Schau, wenn ich nach vorn gezogen werde, dann muss ich in vielen Fällen über Tori rollen, bei einem Fussfeger falle ich hingegen seitlich und kann durch den Griff von Tori nicht rollen.
Trotzdem muss ich ab einem gewissen Level nicht bloß nach vorn rollen können, sondern auch nach vorn fallen können. Auch seitlich darf ich dann nicht nur fallen, sondern muss auch rollen können.
Einzig der Hicho-kaiten, die Sprung oder Luftrolle, auch "Freier Fall" genannt, ist eine Sonderstellung, weil hier das Rollen in den Luft erfolgt, aber es im Grunde ein Fallen ist.
Und der Torwart? Also wenn jemand beim Kippen/Tauchen überrollt, macht er was falsch - Punkt. Also muss der Torwart auch anders Fallen können.
Nur, beim Abdruck, da kann ich ggf. wirklich Probleme bekommen, denn der Körper wird in eine dynamische Bewegung gesetzt - und sofort gelten Newtons Gesetze deutlich spürbar. Beim Judo fallen ich auch dynamisch, aber ich falle hier gebremst und ohne seitlichen Versatz. Beim Ashi-barai dreht sich mein Körper auf der Stelle und wird durch Griff und Wurf zu einem seitlichen Fall gezwungen, in O-Goshi gleite ich über Toris Hüfte und werde durch Griff und Wurf ebenfall in einen seitlichen Fall gezwungen, der in beiden Fällen nur von oben nach unten geht, nicht seitlich oder gerade aus.
Anders bei einem Te-Nage oder dem typischen und bekannten "Indianerwurf" Tomoe-nage: Hier ist Dynamik im Spiel und damit habe ich einen Versatz. Tori kann hier nicht immer seinen Griff aufrecht erhalten, da Uke den Raum braucht um zu rollen...
Wir Torleute sind doch gar nicht anders - beim Abdruck ist Dynamik im Spiel - und wenn ich mir dann Torleute anschaue, die eben nicht abrollen, schaut doch mal, wie weit die am Boden 'ausgleiten' müssen, BEVOR die überhaupt wenden können.
Und ergonomisch ist dann immer eine Frage der Dynamik. Je weniger Dynamik, desto weniger ist Abrollen nötig und dann auch nicht zwingend ergonomischer...
Gut, wir sprechen uns im Dezember oder Januar, zur Wintervorbereitung... wenn der Platz Abends anzieht und friert, wenn es dann aufgrund der Temperaturen gefroren bleibt und ein guter Kunstrasen wird wie die Tartanbahn der Leichtathleten...
Oder wenn der Rasen im Sommer durch Wässen und Trockenen verdichtet ist und dann zum Training schön trocken ist, der ist dann Hart wie der Tennenplatz nebenan, nur eben grün, nicht rot...
Hm, und wie bitte Fange ich mich sonst ab?
Frage doch mal Tw-Mentalcoach oder Edin Sancaktar... Letzterer hat gern den Ball gefangen und dann zum Fallen den Ball losgelassen, damit er sich mit einer Hand abstützen könnte.
Wie also soll ich den Fallen, in einer vorherigen starken dynamischen Bewegung, wenn ich den Ball in den Händen habe, hä?
Klar, ich kann ungebremst auf die Seite krachen. Machen wir uns doch nichts vor...
Wie sollte es denn aussehen:
Fallstudie aus dem Frauenfussball
Und? Wir sehen ausgleiten nach der Landung, aber auch, daß der Fall über die Arme und Ball abgefangen wird. Falsch... Genau. Die Frau ist unter Tw Trainer Michael Fuchs, amtierender Bundestorwarttrainer und Begründer des NLZ des FC Nürnberg als Tw Koordinator groß geworden...
Und? Und?
Was ist daran nun falsch oder schlimm?
Denn wenn der Tw Trainer keine andere Lösung anbieten kann, dann denke ich, so langsam sollten just diese Trainer nicht kritisieren.
Jetzt muss ich mal nachbohren!!!!
Kennst Du die Szene, oder hast Du das nur so gesagt?
Tim Wiese fängt nämlich dann einen Ball im Stand, im Umarmungsgriff, sicher vor der Brust...
Warum will er denn da abrollen, warum kommt er auf diese Schnappsidee? Ich bin wirklich jemand, der Torhütern das Abrollen auch beibringt, aber in der Situation ist das ein No Go.
Was Tim Wiese da geritten hat, weiß niemand - und das ist sicherlich eines der schlimmsten Missverständnisse, den Torleute und Torwarttrainer gern anführen und ich habe daher nur auf diese Tim Wiese Panne gewartet, also das das jemand als Grund gegen das Abrollen anführt.
Also, wenn bei mir ein Torwart den Ball im Stand im Umarmungsgriff fängt... warum sollte oder muss er abrollen? Wenn Du mir das erklären kannst, sind wir einen Schritt weiter. Denn das hat mitr dem Abrollen bei dynamischen Hechtaktionen mal null und nix zu tun - zeigt nur, daß hier Torleute über etwas reden, was diese wohl selbst nicht gesehen, noch analysiert haben.
Magste guggen, hier:
Tim Wiese Patzer und es geht gleich mit der genannten Szene am Anfang bei 0:04 los...