Von allen Dingen, die ich jetzt hier gelesen habe, sind einige korrekte Kritik an Weidenfeller. Zwei Sachen möchte ich aber mal hinterfragen:

1. Das Alter: Also, ich sehe einen wesentlich Vorteil der jungen Torhüter. Sie sind besser in das Mannschaftspiel integrierbar als z.B. ein Weidenfeller. Jetzt kommt das große "aber": Wenn diese derzeit jungen Torhüter Weidenfellers Alter erreichen, werden sie genau wie er auf dem Zenit ihrer Leistungsfähigkeit sein. Denn sie haben zwar die spielstrategischen und teilweise auch technischen Voraussetzungen, nicht aber Erfahrung, Ausstrahlung, Souveränität, Charakter, Führungsstärke etc. Die Jungen spielen - und zwar zurecht - schon bei vielen Vereinen, weil sie diese torwarttechnischen Ansprüche erfüllen, die Weidenfeller sich erst sehr mühselig erarbeiten musste. Immerhin hat er sie sich erarbeitet im Vergleich z.B. Wiese. Was zu einem weitereren Punkt führt:

2. Weidenfellers Spiel: Ich sehe keinen Torwart, der noch mehr verkörpern würde, dass man sich im fortgeschrittenen Sportleralter in fast jedem Bereich des Torwartspiels positiv entwickeln kann. Spieleinleitung, (ich sage jetzt bewusst) Fünfer-Beherrschung, Mitspielen, 1gegen1 - in all diesen Bereichen ist eine eklatante Verbesserung zu seinem Spiel vor z.B. fünf oder zehn Jahren zu sehen. Er ist damit der konstanteste Torwart der letzten drei Jahre geworden. Ich könnte jetzt wieder den Bogen zu Nr. 1 schlagen, aber dieses dürfte offensichtlich sein: Wir haben sehr starke junge Keeper, aber sie verfügen noch lange nicht über die soft-skills, die ein Kahn, ein Lehmann oder eben aktuell ein Weidenfeller als Ü-30-Torhüter hatten und haben. Alter schützt nicht nur vor Leistung nicht, es schützt sogar vor Lernen nicht.

Was schließen wir jetzt daraus? Ich würde Weidenfeller nicht nur als Bonbon nominieren, damit er mal ein Länderspiel bekommt. Das macht keinen Sinn. Fraglich ist auch noch, wie das Verhältnis zwischen Neuer und ihm ist. Es soll mal äußerst angespannt gewesen sein. Wäre das noch so, sollte man ebenfalls Abstand von der Idee nehmen. Ich weiß, ich habe schon anderes über ihn geschrieben, aber gerechterweise muss ich anerkennen, dass er sich sportlich extrem entwickelt hat. Rein sportlich gibt es wenige Gründe, ihn nicht sogar als derzeit klare Nr. 2 zur WM mitzunehmen. Bleibt Adler verletzungsfrei und konstant, ist natürlich der auf der Position als Stellvertreter gesetzt - wenn nicht noch mehr, je nachdem, wie Neuer weiter agiert. Status quo und alle teamstrategischen Überlegungen z.B. im zwischenmenschlichen Bereich mal außer Acht gelassen, müssten Neuer, Adler und Weidenfeller mit zur WM.