Einfach herrlich! Wen wundert es seinerzeit, dass der Torwart und der Linksaußen als die Bekloppten im Team bezeichnet wurden? Der Linksaußen, weil er alles mit dem falschen Fuß macht und der Torwart, der "nicht nach rechts und links, sondern nur auf die Beute schaut" und ihn rücksichtslos verteidigt.
Das Video mit dem "tabakschnupfenden" Tony Schumacher, der trotz ramponierten Knie damit seinem Gegner in der WM die "Einbauküche" richtet, zum aktuellen Thema "Casteels".
Das damalige Training war wenig abwechselungsreich. Man war davon überzeugt, dass die Automatisierung von Bewegungsabläufen am besten durch monotone Wiederholung erreicht werden konnte. Jeder Keeper wußte, was montags, dienstags, usw. trainiert wurde.
Im Mittelspunkt stand die Ermüdung des Keepers. Dazu wurden gern spielfremde Elemente eingesetzt. Wenn der TW-Trainer einen schlechten Tag hatte, dann hieß es schon mal einem um den Platz übers Geländer springen und drunter durch kriechen.
Weil es damals noch keine flächendeckende Talentförderung gab, wurden Talente eher per Zufall entdeckt, wenn sie denn nicht gerade im Jugendbereich eines Profivereins spielten. Bei Jens Lehmann war es so, dass er zwar gerne Torwart werden wollte, aber zu gut als Feldspieler war, weshalb sein Trainer ihn dafür nicht berücksichtigte. Als der dann endlich mit 16 Jahren ins Tor durfte, sah das zufällig Berti Vogts, der ihn daraufhin unverzüglich in die Jahrgangself des DFB einlud. In einer Auswahl hatte Lehmann vorher noch nicht gespielt. Bei Manuel Neuer verlief es genau umgekehrt. Er wollte Mittelstürmer sein, aber sein Trainer meinte, dass alle Neuen sich erst mal ins Tor bewähren müssen. Wer er als Kind klein und still war, glaubte damals mit Ausnahme seines TW-Trainers niemand dran, was aus dem kleinen, schüchternen Jungen werden würde.
In den Anfängen war es mit der Mobilität der Spieler so eine Sache. Wer keine Zeit oder kein Geld für einen Führerschein hatte, der kam mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Bus, Straßenbahn, Auswärtige auch per Zug.) Aber natürlich folgten die besten Profis schon damals den Ruf des Geldes, das vielfach aus Spanien und Italien lockte.
Es wurde seienrzeit sehr viel Wert auf Reaktionsschnelligkeit und Sprungkraft gelegt, weil die Torhüter seinerzeit hinter dem Libero auf Bälle in Tornähe warteten. Weil man Ecken und Freistöße seinerzeit gerne "angeschnitten" (mit Effet) trat, diese sehr lange in der Luft waren ("da lag schon Schnee drauf"), wurden diese Bälle von sehr guten Keepern (z.B. Sepp Maier) im 16-er gefangen oder gefaustet. Als "Faustregel" galt: bei Gegnerdruck immer fausten.
Das "Mitspielen" des Torwarts war so eine Sache? Denn ihm wurde beim Training beigebracht das Leder so weit wie möglich nach vorn zu dreschen. Im Zielgebiet sollte ein kopfballstarker Mitspieler den Ball an einen Mitspieler weiterleiten. Für den Spielaufbau waren andere zuständig!
Der gegnerorientierte Fussball hatte längst nicht das heutige Thempo, weil man allzugerne die Zweikämpfe suchte. Im Großen und Ganzen ging es hart, aber fair zu. Doch im Abstiegskampf wurde schon mal über die Grenzen hinaus gefightet. Man erinnere sich an die klaffende Fleischwunde von Ewald Lienen, der darauf zum gegnerischen Trainer rennt und ihm sagt, dass dieses Foul nach Traineranweisung mit voller Absicht an ihn begangen wurde. Trotz "Bild" gelangte vieles nicht in die Gazetten. Auch nicht die teils rauhen Umgangsformen ("... ich schlag dich zum Krüppel, wenn du das noch mal machst ...") Nach dem Karriereende landete so manch einer als "Persilvertreter", weil er ja nichts ausser Fussball gelernt hatte. Von Uwe Seeler gibt es ein Video, wie er als Versicherungsvertreter übers Land fährt. Manche Schicksale nahmen ihren Lauf durch reichlichen Alkoholkonsum (z.B. Gerd Müller), aber man fand fast immer Freude, die helfen konnten.
Werbung wurde auch damals schon (von Rasierwasser bis zur Tütensuppe) gemacht.
Die Trainer von damals waren absolute Autoritäten, denen absoluter Gehorsam geschworen werden mußte.
Obwohl man sich gern in aller Abgeschiedenheit auf schwierige Herausforderungen vorbereitete, war es fast einen Heldentat, dem Trainerstab durch nächtliche Ausflüge und Saufgelage ein Schnippchen geschlagen zu haben. So manch einem Trainer (z.B. Erich Ribbeck) wurde dies jedoch zum Verhängnis, wenn es dann auch sportlich nicht lief.
Schwierig war es manchmal mit der Verständigung. Das mußte schließlich auch Berti Vogts erfahren, als er das Angebot Trainer der schottischen Nationalmannschaft zu werden, annahm. Er wollte sich einfach nur für die vielen Mutzusprüche, die er ber Fax erhalten bei den schottischen Fans bedanken. Als ihm ein Reporter das Mikro hin hielt rief er begeistert: "thank you for your fuck's (fax)"! Na ja, auch Andi Möller, Lothar Matthäus, Olaf Thon und andere hatten reichlich Gelegenheit ihre Geistesblicke dem Publikum zu präsentieren. Aber ansonsten gab es den Spruch, dass nichts aus der "Kabine" in die Öffentlichkeit dringen durfte.
Dafür gab es jedoch unbeugsame Charaktäre, die sich nicht als Leibeigene der Vereinssponsoren ansahen und auch mal Klartext sprachen, wenn es sein mußte.