Also für die meisten ist es eher ein Problem zu wenig zu trinken als zu viel.
Das Spucken in die Handschuhe ist auch das, was die Feldspieler auch am befremdlichsten an uns Torhütern finden.![]()
Also für die meisten ist es eher ein Problem zu wenig zu trinken als zu viel.
Das Spucken in die Handschuhe ist auch das, was die Feldspieler auch am befremdlichsten an uns Torhütern finden.![]()
Da hast du nun auch recht Believer, man muss halt das perfekte Maß finden.
Zu viel im Bauch würde z.b beim Hechten stören.
Das klingt in meiner hinsicht gerade so, als ob wir die Feldspieler abschrecken würden wenn wir in die HS spucken würden.
Aber unsere lieben 10 Spieler vor uns spucken ja auch auf den Rasen.
Geändert von Edwin Van der Sar (13.01.2010 um 22:19 Uhr)
Mache ich auch so.
Gestern der Torwart von Gabun (Name: Ovunu)
hat sich nach jeder guten Tat an die Brust gepackt. Am der Herzseite, so wie die Nationalspieler bei der Nationalhymne stehen.
I wonder if heaven got a Ghetto!
Sind Torhüter abergläubig oder ritualverliebt? Das kann man nur mit einem klaren „Ja“ beantworten. Allerdings ist es ziemlich individuell in der jeweiligen Psyche verankert, welche Allüren beruhigend, motivierend oder vertrauensschenkend wirken. Habe ich auch Marotten? Es grenzt an Realsatire....
Später Samstagabend, die Familie ist im Bett und ich beginne mein Ritual: Tasche packen, Schuhe putzen und noch ein bisschen Sky oder Sportstudio gucken. Schließlich könnte man noch die eine oder andere Torwartaktion auffangen. Das ist nicht geplant, sondern ich folge meinen Instinkten.
Nach unruhiger und (zu) kurzer Nacht wird der Wecker – wie immer am Wochenende – verlässlich durch die zweijährige Tochter ersetzt. Immerhin brauche ich im Gegensatz zum normalen Werktag null Anlaufzeit. Seltsame Sache bei einem Nachtmenschen wie mir… Sogar meine Frau profitiert davon und schläft in der Saison sonntags immer schön aus. Das ist durchaus kein Opfer, sondern reine Berechnung: es heißt, Bonuspunkte zu sammeln für die nachmittägliche Abstinenz. Ich bin sofort wach und nach einer Millisekunde der Orientierungslosigkeit wächst die Gewissheit: Sonntag, Spiel! Ab dann gibt es ein klares Ziel: die Stunden so familienfreundlich und schnell wie möglich hinter mich zu bringen. Nicht unerheblich ist selbstredend die Anstoßzeit. Ein Spiel um 15:00 Uhr bringt zwar eine ganze Zeit mit sich, die es vorher "totzuschlagen" gilt. Spiele um 13:00 Uhr oder früher passen dafür deutlich schlechter zu meinem Biorhythmus.
Beinahe magisch angezogen bewege ich mich auf einen der Bälle zu, die im Kinderzimmer herumliegen. Ich will nicht wirklich damit spielen, nur einen kurz in die Hand nehmen und ihn vielleicht zwei, drei Mal hochhalten. Das ist nicht geplant, sondern alles instinktiv. Das Kinderlächeln holt mich zurück in die Vaterrolle: Milch für die Kleine warmmachen, Windel wechseln, waschen und sie anziehen. Nachdem das Kind versorgt ist, geht es an die alltäglichen Rückenübungen des Bandscheibengeschädigten. Nicht vorm Spiel? Erst recht vorm Spiel! Lass es knacken, Junge!
Danach duschen und anziehen und zwar unter Beachtung der goldenen Sonntagsregel: bereits jetzt Unterhose und Sportshirt anziehen, die ich auch zum Spiel tragen werde. Auch die jüngste sportliche Vergangenheit spielt hier eine Rolle: Keine Niederlage oder schlechte Leistung im letzten Spiel? Je nachdem entscheide ich mich für eine neue oder die alte Kombination. Gewaschen, versteht sich. Der Trainingsanzug – im Alltag verpönt – lässt einen Schauer über den Rücken gleiten. Mein Verein! Jacke und Hose mit meiner Nr. 1 bedruckt.
Dann gehen wir runter ins Wohnzimmer. Marie darf natürlich noch nicht fernsehen - außer Sandmännchen oder Papa guckt Schalke. Ausnahme von der erweiterten Regel: wenn wie heute die sonntagmorgendlichen Zusammenfassungen kommen. Sky oder DSF? Egal, Hauptsache Droge! Ein gutes Timing besteht darin, dass Marie ein Buch lesen will und ich dabei nur ein Auge zur Verfügung stellen muss. Perfekt ist natürlich, dass sie sich ganz allein mit der Kinderküche beschäftigt oder den Kinderwagen durch die Wohnung „pest“. Noch kurz nachhören, ob die Frau schon wach ist – nein – weitergucken.
Die Frühstücksvorbereitung fängt mit Selbstkasteiung an: Ich mache mir einen fiesen Sport-Drink und reichere ihn mit Elekrolythen noch an. Der Frühstückstisch wird zum Tempel. Ja, ein Blümchen hier, ein Teelicht dort – wieder ein kleiner Punktgewinn, um die angetraute Weiblichkeit auf der Seite derjenigen zu halten, die die eigene Beklopptheit zumindest tolerieren.
Ein opulentes Frühstück bringt noch eine weitere schöne Abwechslung mit sich: Kind anziehen, zum Bäcker fahren, Rückfahrt – wieder 20 Minuten von der Uhr genommen. Und nach der Rückkehr die bange Frage: ist sie schon wach oder ist sie wenigstens noch im Bad? Positiver Befund: Fußball gucken. Negativer Befund: in Hektik geraten und die letzten zehn Prozent zum Frühstückstisch hinzufügen.
Die Tochter sorgt irgendwann eh dafür, dass der Reizüberfluss des Fernsehens souverän abgegrätscht wird. Der Beschäftigung mit besagter Spielküche folgt das unverschämte Ansinnen, Papa solle an den Kindertisch kommen und die liebevoll zubereitete Holzpizza mit Klettverschlüssen zum Durchschneiden mitessen. Wenn ich schon meine seelisch-geistige Vorbereitung auf das Spiel unterbrechen soll, dann ist jetzt auch der ideale Moment, in dem Mama die Treppe runterkommen sollte. Gutes Gewissen und weitere Bonuspunkte, denn ich kümmer mich ja um die Kleine. Nicht, dass ich mich sonst nicht kümmern würde. Als zu Hause arbeitender Freiberufler bin ich so was wie der Idealvater. Sagen wir, zu 99 Prozent…
Eier, Speck, geschnittenes Gemüse zum Frischkäsedipp… Das Frühstücksbuffet ist zum Brunch angewachsen, doch die Schlemmerei ist höchst einseitig. Ich kann mich schlechterdings nach einem 1500-Kalorien-Start ins Tor stellen. Das Frühstück zieht sich etwas – oder besser, der Zeiger dreht sich nicht schnell genug. Früher – zu seligen Single-Zeiten oder wenigstens noch in der Single-Wohnung – gab es bis zur Abfahrt noch den ultimativen Fußballinput: Doppelpass. Doch zum Glück hat die Sendung parallel zur familiären Entwicklung endgültig das Niveau einer veritablen und inkompetenten Kneipendiskussion angenommen. Von dieser Seite droht also keine Gefahr, die gute Laune der Holden zu gefährden. Dann schon eher daher, dass ich hektisch aufspringe, um zu überprüfen, ob auch wirklich alles in der Sporttasche ist. Merhmals…
Endlich, die Abfahrt rückt näher. Jetzt noch wichtige Geschäfte erledigen, die in einer Kabine fürchterlich widerlich sind. Ja, auch das gehört zum großen Plan, ein gutes Spiel zu machen und das prächtige Gefühl zu genießen, als fliegender Gott der Kreisklasse gehuldigt zu werden. Nur keine negativen Einflüsse zulassen. Und kein einziges überflüssiges Gramm… Küsschen für die Familie und die Standardfrage, ob sie zum Spiel kommt.
“Ja?“ „Prima!“
„Nein?“ „Auch ok.“
Hauptsache, man lässt mich endlich die geilste Nebensache der Welt für ein paar Stunden zur Hauptsache machen.
Endlich im Auto! Musik für die Adrenalinstimulierung? Nein, lieber erst was zur Beruhigung: Deutschlandfunk, DRadio Kultur etc. Also wieder weg vom Fußball. Die Ablenkung und intellektuelle Beschäftigung mit etwas anderem als eben jener hauptsächlichen Nebensache beinhaltet eine seltsame Ironie: ich ertappe mich ausgerechnet auf dem Weg zum Fußballspielen dabei, mich wohlig distinguiert zu fühlen. Auf den Fahrten zur Veltins-Arena sieht das anders aus. Da klappt das Verhalten gemäß Vorurteilen noch tadellos. Doch hier und heute bin ich wichtiger: Kapitän, Führungsspieler. Alles andere, wo man für fußballverrückte Schultern viel zu viel Verantwortung trägt, verblasst für Stunden. Und das ist gut so!
Ernste Sache: auch ein Gebet hat während der halben Stunde seinen Platz, die ich zum Spiel fahre. Da geht es aber nie um einen Ball und 22 Leute, die ihm hinterherhecheln. Höchstens ein bisschen, indem ich um meine Gesundheit und die meiner Mitspieler bitte. Für persönliche Erfolge ein Kreuzzeichen zu schlagen oder dafür zu beten, ist ebenso befremdlich, wie so was nach Erfolgserlebnissen auf dem Platz zu tun. Nein, auch abseits meiner fußballerischen Qualitäten bin ich wahrlich kein Brasilianer.
Ich sehe die Flutlichtmasten des Platzes. Der Parkplatz ist schon voll, denn die zweite Mannschaft kämpft um die ersten drei Punkte für meinen Verein. Früher war ich immer schon zu diesen Spielen auf dem Platz. Das mache ich jetzt höchstens für ein paar Minuten oder wenn die Jungs eine ganz wichtige Partie bestreiten. Offizielle Version: das hilft mir, mich besser zu konzentrieren. Inoffiziell: früher kann ich eh nicht mehr. Immerhin bin ich routinemäßig mindestens eine viertel Stunde vor der Mannschaft in der Kabine. Nervös? Ich? Niemals! Wo war doch gleich die Toilette? Es folgt die erste von drei Pinkeleinheiten vor dem Spiel. Fußball bedingte Inkontinenz!
Mein Name und meine Nummer sind auf einem Aufkleber über dem Kleiderhaken angebracht – mein Platz ganz hinten rechts in der Ecke. So gewohnt, so klar, doch trotzdem ein leichtes Kribbeln. Ich packe die Tasche aus und sehe, dass ich noch das Handtuch für das Spiel nassmachen muss. Warum ich das jetzt mache? Keine Ahnung, vielleicht glaube ich daran, dass das Wasser einweichen muss, um optimale Wirkung zu erzielen? So hinterfragt man nicht! War ich nicht gerade schon drüben auf der Toilette? Egal, dieses Mal Amnesie – wieder Fußball bedingt.
Die Kabine ist leer und ich sauge die Atmosphäre auf. Unser Betreuer und der Mannschafts-DJ sind die einzigen und auch nur kurzfristig tolerierten Menschen. Unser Tobi holt seine Boxen raus und den MP3-Player raus – er kennt meine Bedürfnisse. Ab jetzt lau:Hard Rock oder Heavy Metal. Ok, unter Fußballern kann man das zugeben: „..wir ballern die ganze Nacht…“ ist natürlich auch im Repertoire. Hauptsache, das Adrenalin wird langsam auf den Weg gebracht. Tobi ist auch Schalker und nach Siegen unserer Blauen wird noch „Blau und weiß, wie lieb ich Dich“ intoniert.
Erste Ernährungssünde: ein Schluck Cola und ein kleiner Bissen vom Snickers. Dann sortiere ich die Sachen und lege alles so hin, wie ich es anziehen werde. Fein säuberlich getrennt nach Warmmachen und Spielkleidung. Jeder Bundeswehrspind ist dagegen das reine Chaos. Jetzt das Tape raus und damit verbunden ist der Einstieg in die Liturgie des Ankleidens. Erst Handgelenke tapen, dann die Finger. Danach ziehe ich alles an. Mit seit Jahren bewährter Reihenfolge und Akribie. Außer das Oberteil zum Warmmachen selbstverständlich. Es ist ja noch Zeit! Nur die Schuhe, die müssen schon an den Füßen sein. Die Stollen auf den Fliesen – selbst wenn es nur Nocken sind – hinterlassen eines der phänomenalsten Gefühle, das nur Fußballer kennen. Das Adrenalin-Barometer geht seinen Weg nach oben.
Wenn alles passt, kommen die Jungs erst rein, wenn ich schon fast komplett fertig bin. Ich "atme" weiter Atmosphäre. Alle ziehen sich um, die Luft wird schwanger von Wärme- und Pferdealben. Die Musik hämmert durch die Kabine und ersetzt das Schweigen der Spieler. Im Idealfall: denn dieses konzentrierte Schweigen ist immer der Gradmesser, wie wir ein Spiel angehen. Als Spitzenmannschaft in der Liga liegt da schon fast der Schlüssel zum Sieg. Musik aus, der Trainer spricht. Und ich begebe mich in die Dunkelheit unter ein Handtuch – mein trockenes Duschhandtuch, versteht sich. Auf der Liege werden noch die Pflegefälle vom Physio behandelt, mal mit medizinischem Hintergrund, mal zur Seelenmassage. Fußball spielt man mit dem Kopf. Leider ist der Mann nicht immer dabei, es ist halt Kreisklasse.
Wieder ein Schluck Cola, wieder ein Biss ins Snickers. Dieses Mal noch ein Stück Banane dazu. Aus der Kabine den Gang entlang an den drei anderen Kabinen vorbei gehe ich raus zu den Zuschauern. Viele freundlich grüßende Gesichter, Bekannte, Freunde, das sichere Gefühl: „Hier bist Du richtig. Hier bist Du zu Hause.“ Dann noch ein kurzes Abklatschen mit den Spielern der „Zweiten“, die sich draußen das erste Bier genehmigen. Grad war es noch wichtig, wie sie gespielt haben, jetzt ist es der Sack Reis in China. Ich versuche, gedanklich wieder unter das Handtuch zu kommen, was gar nicht so leicht ist angesichts von Sprüchen wie „Heute zu Null, das ist die halbe Miete“. Egal, ohne würde was fehlen.
Der Gang die kurze Betontreppe herunter zum Spielfeld und das geile Gefühl der Stollen kehrt für eine Millisekunde ins Bewusstsein zurück. Ich flanke über die Holme und spüre die Asche unter den Füßen. Der erste Kontakt ist wichtig: hart oder weich, nass oder trocken… Ich fange an zu laufen, bin der Erste auf dem Platz und merke, wie ich langsam und immer stärker die Aufmerksamkeit der meist etwas zweihundert Zuschauer auf mich ziehe. Aufmunternde Kommentare, wenn ich mich in die Nähe unserer Fans bewege. Meine Jungs kommen aus der Kabine und auf den Platz, kurz danach auch die Gastmannschaft. Den ein oder anderen kennt man, man grüßt sich kurz, mal mit mehr, mal mit weniger Sympathiebekundung. Ich fange an, mich zu dehnen. Herrliches Posing! Ich bilde mir ein, dass die Gegner schon beim Anblick meiner Bewegungen sehen, dass sie heute mit einem Cerberus zu tun bekommen. Während ich das mache, sehe ich mir den gegnerischen Torwart an. Was macht er? Wie bewegt er sich? Hat er eine schwache Seite? Sehe ich etwas, was ich meinen Stürmern mit auf den Weg geben kann?
Wieder zurück in den Tunnel und rüber zum Tor, um mich ebenfalls einschießen zu lassen. Routine zwar, doch die Konzentration ist hoch. Wer will jetzt schon wegen einer Unsicherheit ins Grübeln kommen?! Der Trainer zeigt an, dass wir in fünf Minuten reingehen. Erst ein paar Flanken ohne Gegenwehr, dann kommen unsere Stürmer dazu. Danach ist nichts mehr zu ändern, der Eindruck des letzten Balls bleibt unfassbar im Kurzzeitgedächtnis. Drinnen hören die anderen die letzte intensive Ansprache des Trainers, während ich mir saubere und trockene Sachen für das Spiel anziehe. Eitelkeit kennt keine Grenzen. Was soll`s, als Torwart befinde ich mich in guter Gesellschaft. Danach wieder unter das Handtuch, noch ein Schluck Cola, noch ein Stück Snickers und Banane. Der Schiri pfeift im Kabinengang, ich greife mir die sauberen Handschuhe für das Spiel und das Handtuch.
Wieder an den gleichen Kommentaren vorbei geht es raus auf den Platz. Noch die Jungs abklatschen, in unser Tor stellen und die Platzwahl abwarten. Jetzt noch die Seite zu wechseln, ist lästig. Ich hänge das Handtuch ins Netz – immer links von mir – , und dann mache ich einen kleinen Strich in der Mitte des Tores und mittig auf der „Fünferlinie“. Ich berühre kurz die Latte. Der Schiri deutet auf mich, ich hebe den Arm: „Alles klar.“ Hat das alles was gebracht? Fragt mich nach dem Spiel…
Geändert von nik1904 (25.02.2010 um 12:14 Uhr)
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